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Sieben Ministerien mit Familienleistungen befasst

Von Brigitte Pechar

Politik
Je später gehandelt wird, desto enger ist laut Moser der Spielraum.Foto: photonews.at/Schneider

Der Präsident des Rechnungshofs, Josef Moser, fordert rasch Änderungen bei den Pensionen. | "Wiener Zeitung": Das Wort von der Verwaltungsreform geistert zwar in regelmäßigen Abständen durch die politische Landschaft, aber man hat nicht den Eindruck, dass etwas passiert. Was wäre aus Ihrer Sicht am dringendsten zu erledigen?


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Josef Moser: Die Verwaltungsreformgruppe trifft sich am 21. Juni das nächste Mal. Handlungsbedarf gibt es bei den Pensionen, im Bildungsbereich, bei den Förderungen, in der Verwaltung und bei Gesundheit und Pflege.

Könnten Sie das etwas konkreter ausführen, bitte?

Der Bundesrechnungsabschluss 2010 zeigt deutlich, wohin das Geld geht. Wir geben für Pensionen und Zinsen 22,8 Milliarden Euro aus, das sind 33,9 Prozent der Gesamtausgaben. Im Finanzrahmen sind im Jahr 2015 dafür bereits 30,2 Milliarden vorgesehen. Wir werden also im Jahr 2015 schon 40 Prozent der Gesamtausgaben für Pensionen und Zinsen verwenden. Vom gesamtstaatlichen Budgetdefizit von 13,1 Milliarden Euro sind 2010 fast 3 Milliarden Euro alleine auf die Länder und die Gemeinden entfallen. Und das, obwohl diese eigentlich gemäß Stabilitätspakt einen Überschuss erzielen hätten müssen.

Wie kann der Spardruck auf die Länder erhöht werden?

Nicht nur die Länder müssen effizienter werden. Der Bund leistet sich vier Wetterdienste, mit der Administrierung der familienbezogenen Leistungen sind alleine auf Bundesebenen sieben Ministerien befasst. Beim Sparen sind alle gefordert.

Allgemein wird der Föderalismus für den hohen Verwaltungsaufwand verantwortlich gemacht. In der Schweiz hört man diese Klagen nicht. Kann Föderalismus auch kostendämpfend wirken?

Föderalismus ist dann positiv, wenn er so verstanden wird, dass die Leistung dort erbracht wird, wo der Bürger am besten versorgt wird. Wenn Föderalismus nur dazu dient, Strukturen zu erhalten, dann ist er falsch. Ein Beispiel zeigt sich bei den Pflichtschulen. Schulerhalter sind Gemeinden, die Lehrer werden von den Ländern angestellt, die Lehrergehälter werden vom Bund bezahlt. Der Schulwart ist Gemeindebediensteter. Es ist notwendig, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammenzuführen und gesamthaft zu steuern.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?

Die größte Kostendynamik ergibt sich aus der Demografie. Das Verhältnis Erwerbstätige zu Pensionisten geht immer mehr zu Lasten der Erwerbstätigen, da das faktische Pensionsantrittsalter weit unter dem Regelpensionsalter liegt.

Wie dringend ist denn der Reformbedarf?

Die Fakten belegen, dass mangels Strukturreformen immer mehr für Zinsen aufgewendet wird, somit für vergangenheitsbezogene Ausgaben. Das Geld für zukunftsbezogene Ausgaben wie Bildung und Forschung fehlt. Je länger wir mit Strukturreformen warten, desto geringer wird der Spielraum. Und wir gefährden unsere Zukunft.

Josef Moser (55) wurde in Osttirol geboren und ist in Kärnten aufgewachsen. Er war FPÖ-Parlamentsklubdirektor und ist seit Juli 2004 Präsident des Rechnungshofes. 'Wir verhehlen nicht, dass die Verfassung ein Stückwerk ist'

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