Zum Hauptinhalt springen

Sieg für FPÖ vor Gericht

Von Martin Sattler

Europaarchiv

Nachwehen des Lombard Klubs. | Kommission muss Akten offenlegen. | Luxemburg. Das Gericht erster Instanz der EU hat der FPÖ im Streit um die Herausgabe von Beschwerdepunkten im Verfahren gegen das österreichische Bankenkartell ("Lombard Klub") Recht gegeben. Das Gericht wies gestern, Mittwoch, alle von den Banken P.S.K. und Bawag vorgebrachten Klagegründe zurück. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten Berufung beim EuGH eingelegt werden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Berechtigtes Interesse an Informationen

Nach der Entscheidung der Luxemburger Richter (Rs T-213/01 und T-214/01) besitzt jeder Antragsteller oder Beschwerdeführer, der ein berechtigtes Interesse darlegt, einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm die Mitteilung der Beschwerdepunkte in einer nichtvertraulichen Fassung zugänglich gemacht wird. Die FPÖ hatte im Lauf des Kartellverfahrens geltend gemacht, sie habe als Kundin der Banken, die von der Untersuchung der EU-Kommission betroffen waren, finanziellen Schaden erlitten. Die Kommission hatte dem Antrag der Partei stattgegeben und eine nichtvertrauliche Fassung der Beschwerdepunkte übermittelt. P.S.K. und Bawag, die unterdessen zusammengegangen sind, hatten argumentiert, die Weitergabe der Beschwerde habe gegen mehrere Verordnungen sowie gegen die Grundsätze der Verfahrensökonomie, des Vertrauensschutzes und der Verteidigungsrechte verstoßen und enthielte Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen. Nach der Entscheidung des EU-Gerichts hat aber auch ein Endkunde, der darlegt, dass er durch eine Wettbewerbsbeschränkung in seinen wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt wurde, ein berechtigtes Interesse an einer Beschwerde. Die EU-Wettbewerbsregeln verfolgen nämlich nach Auffassung der Richter letztlich den Zweck, das Wohlergehen des Verbrauchers zu erhöhen.

Auch VKI hat auf Akteneinsicht geklagt

Schon einmal hatte das Gericht erster Instanz eine Klage aus Österreich zum Lombard Klub zu behandeln (Rs T-2/03). Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der in Musterprozessen mehrere Kreditnehmer mit variabel vereinbarten Kreditzinsen vertritt, hatte von der EU-Kommission um Einsicht in die Akten ersucht, die seit den Erhebungen im Kartellverfahren in Brüssel lagern. Die Unterlagen wären notwendig, um die Schadenersatzklagen der geschädigten Bankkunden vorzubereiten, so der VKI in seiner Begründung. Die Kommission wies den Antrag jedoch ab - im Gegensatz zum Begehren der FPÖ - , wogegen der VKI vor Gericht zog.

Urteile des Gerichts als Rute für Unternehmen

Im April vergangenen Jahres hat das Gericht dann entschieden, dass der Beschluss der Kommission rechtswidrig war. "Die Kommission muss jetzt vertrauliche von nichtvertraulichen Informationen trennen und dem VKI zur Verfügung stellen", erklärt ein Sprecher des für Konsumentenschutz zuständigen Sozialministeriums. Bisher seinen aber noch keine Akten von der Kommission freigegeben worden. Die Urteile des EU-Gerichts bedeuten im europäischen Zivilprozess, dass Unternehmen, die gegen Wettbewerbsregeln verstoßen, in Zukunft damit rechnen müssen, belastende Dokumente Geschädigten offen zu legen, so der VKI in einer Stellungnahme.

Lombard-Klub

Im Juni 2002 hatte die EU-Kommission acht österreichische Banken wegen Bildung eines Preiskartells zu Strafzahlungen in Höhe von insgesamt 124 Mio. Euro verurteilt. Der so genannte "Lombard-Klub" hatte jahrelang bei Treffen Vereinbarungen über Preise, Gebühren und Werbemaßnahmen getroffen, um den Wettbewerb auf dem österreichischen Bankenmarkt zu beschränken, so die Kommission.