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Sieger sehen anders aus

Von Michael Schmölzer

Leitartikel
Michael Schmölzer ist Redakteur des Ressorts Europa & Welt.
© WZ

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Wenn sich der Chef der Lega, Matteo Salvini, zum Gewinner der italienischen Parlamentswahl erklärt und das Premiersamt beansprucht, wird ein seltsames Verständnis von Sieg und Niederlage offenbar: Der Anführer der fremdenfeindlichen und EU-kritischen Rechten hat lediglich ein bündnisinternes Wettrennen mit Silvio Berlusconi gewonnen. Mehr nicht. Die wahre Überraschung der Wahl 2018 ist ohne Zweifel das Abschneiden der systemkritischen Fünf-Sterne-Bewegung, die einst vom medienaffinen Starkomiker Beppe Grillo ins Leben gerufen wurde. Der jetzige Parteichef Luigi Di Maio geht davon aus, dass man bei der Regierungsbildung an seiner Bewegung nicht mehr vorbeikann - ob er recht hat, wird sich weisen.

Die Fünf-Sterne-Bewegung ist anarchistisch und europapolitisch schwer einschätzbar. Sie ist aber auch die logische Folge des politische Trümmerfeldes und der Glaubwürdigkeitskrise, die Ex-Premier Silvio Berlusconi hinterlassen hat. Für viele, vor allem junge Wähler hat sich das politische System Italiens überlebt, sie wollen etwas völlig Neues. Da kommt Fünf Sterne gerade recht.

Es ist eine neue, widersprüchliche Bewegung, die nach den alten Mustern nicht zu definieren ist. Was viele verstört, ist die Tatsache, dass auch die "Grillini" nicht frei von ausländerfeindlichen Ressentiments sind. Doch hat diese Haltung mit Sicherheit zum Wahlerfolg beigetragen. Was in Brüssel für Unsicherheit sorgt, ist der Umstand, dass die Fünf-Sterne-Bewegung mit der EU, so wie sie derzeit aussieht, nichts zu tun haben will. Man sei eine postideologische Partei jenseits von rechts und links, aber mit vernünftigen Ideen, heißt es bei Fünf Sterne.

Dass auch diese Bewegung anfällig für Korruption ist, dass auch hier Kontakte zur Mafia existieren, ist mittlerweile erwiesen. Trotzdem sollten jene, die ob des großen Erfolges der "Komiker-Truppe" die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, nachdenken: Die mögliche Alternative wäre ein Erdrutschsieg der Lega, die viel umfassender als die "Grillini" auf das Thema Migration setzt und maßgeblich dafür gesorgt hat, dass das politische Klima in Italien vergiftet ist. Es war Lega-Chef Salvini, der dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella widersprochen und gemeint hat, unter Benito Mussolini wäre nicht alles schlecht gewesen. Laut Umfrage sehen immer mehr Italiener im Faschismus auch Positives - eine gefährliche Entwicklung.

Welche Entwicklung die Fünf-Sterne-Bewegung künftig nehmen wird, ist derzeit völlig unklar. Will die Grillo-Partei regieren, muss sie das tun, was bisher strikt vermieden wurde: ein Bündnis mit einer etablierten Partei eingehen. Das würde der Anhängerschaft nicht gefallen.