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Präsident Hollande muss Franzosen danach hartes Sparprogramm vermitteln.
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Paris. Die letzten Umfragen vor dem entscheidenden Votum bestätigten es: François Hollandes Sozialisten (PS) steht ein angenehmer Wahlsonntag bevor: Bei der zweiten Runde der Parlamentswahl können sie mit einem Sieg rechnen. Den Demoskopen zufolge erreichen sie sogar wie erhofft aus eigener Kraft die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, dem französischen Abgeordnetenhaus. Würden sie auf grüne oder linke Bündnispartner angewiesen sein, würde das ihre Politik - vor allem die Durchsetzung von Sparmaßnahmen und das Ringen um den Fiskalpakt mit Deutschland - erschweren.
Beim ersten Durchgang am vergangenen Sonntag holte die PS 29,4 Prozent und kann dementsprechend auf 283 bis 329 der insgesamt 577 Sitze zählen - die Absolute scheint greifbar. Die Linksfront und die Grünen, die 6,9 und 5,5 Prozent der Stimmen erhielten, hoffen, zumindest eigene Abgeordneten-Gruppen bilden zu können, für die mindestens 15 Sitze notwendig sind. Die bürgerlich-konservative UMP stürzte von 39,5 im Jahr 2007 auf 27,1 Prozent ab und muss mit maximal 263 Abgeordneten in der Nationalversammlung in die Opposition gehen. Ihr steht eine Neuorientierung nach der Wahlniederlage von Nicolas Sarkozy bevor.
Derzeit folgt sie noch dessen Linie, in jenen Bezirken, wo der konservative Kandidat bereits ausgeschieden ist, weder Wahlempfehlungen für einen Sozialisten noch den Vertreter des rechtsnationalen Front National zu geben. Doch die Strategie ist umstritten, weil eine klare Abgrenzung zum rechten Rand fehlt. Das verschreckt bürgerliche Wähler.
Die französische Linke wird voraussichtlich über eine in der Fünften Republik nie dagewesene Machtbasis verfügen: Künftig stellen die Sozialisten nicht nur das Staatsoberhaupt, sie kontrollieren neben der Nationalversammlung auch bereits den Senat als zweite Parlamentskammer, die Regionen, Départements und meisten großen Städte. Erst nach dem Sonntag wird Hollande auch mit unangenehmen Wahrheiten herausrücken, nachdem er sich bis jetzt im Wahlkampf befand und bevorzugt wohltuende Wahlversprechen anging - von der teilweisen Rücknahme der unpopulären Rentenreform bis zur Erhöhung des Mindestlohns. Wie er hingegen seine Sparvorhaben umsetzen will, wirkt noch unscharf.
Schlechte Karten für Royal
Die positiven Aussichten werden im Vorfeld getrübt durch das Schicksal von Ségolène Royal. Nachdem die Ex-Präsidentschaftskandidatin und Ex-Partnerin von Hollande im westfranzösischen La Rochelle nach dem ersten Wahlgang nur knapp vor dem Partei-Dissidenten Olivier Falorni lag, sagen ihr Umfragen eine Niederlage voraus, da sich viele konservative Wähler auf Falornis Seite schlagen. Angeheizt wurde der Streit noch durch die Unterstützung Falornis ausgerechnet durch Hollandes jetzige Lebensgefährtin Valérie Trierweiler im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter.
Mit dem Zentrumspolitiker François Bayrou droht ein weiteres politisches Schwergewicht sein Abgeordnetenmandat zu verlieren. Auch der charismatische Linksfront-Führer Jean-Luc Mélenchon bezahlte sein riskantes Vorhaben, gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen in deren Hochburg im nordfranzösischen Pas-de-Calais anzutreten, mit dem Ausscheiden in der ersten Runde. Doch auch ein Sieg Le Pens ist ungewiss. Ihr Front National erreichte zwar 13,6 Prozent der Stimmen und brachte 61 Abgeordnete in die zweite Runde, aufgrund der Mehrheitsverhältnisse kann ihre Partei aber höchstens mit fünf Sitzen rechnen, darunter einem für ihre 22-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen, Vertreterin der jungen Generation des Familienclans.