Korruptionsaffäre kostete 1,6 Mrd. Euro. | Verhandlungen mit US-Börsenaufsicht. | München. (reuters) Der Technologiekonzern Siemens will in Verhandlungen mit der US-Börsenaufsicht eine hohe Strafe wegen der schwelenden Korruptionsaffäre abwenden. Die Gespräche mit der SEC und dem US-Justizministerium sollten zu einem "umfassenden und fairen Vergleich führen", sagte Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme am Donnerstag auf der Hauptversammlung des Unternehmens vor mehr als 10.000 Aktionären in der Münchner Olympiahalle. Sie könnten schon im Februar beginnen.
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Neben einer Milliardenstrafe droht Siemens auch der Ausschluss von staatlichen Aufträgen. Cromme sagte, die Aufseher würdigten das Bemühen um eine Aufarbeitung der Affäre. "Die US-Behörden haben erklärt, dass wir auf dem richtigen Weg seien."
Auch ohne die erwartete SEC-Strafe beläuft der Gesamtschaden durch den Schmiergeldskandal sich laut Konzernchef Peter Löscher bereits auf 1,6 Milliarden Euro an.
Dem Geschäft schadet die Affäre allerdings nicht. Der Nettogewinn schwoll im abgelaufenen Quartal vor allem wegen des Verkaufs der Autozuliefersparte VDO auf 6,48 Milliarden von 788 Millionen Euro im Vorjahr an, wie Siemens mitteilte. Allein auf den Erlös für VDO entfielen davon 5,4 Milliarden Euro.
Auch operativ Rekord
Doch auch im regulären Geschäft legte der Konzern zu. Das operative Ergebnis kletterte um 16 Prozent auf 1,72 Milliarden Euro. Der Umsatz habe um acht Prozent auf 18,4 Milliarden Euro zugelegt. Die Siemens-Aktie legte daraufhin um mehr als fünf Prozent zu.
Siemens-Chef Peter Löscher bekräftigte seine Ziele für das laufende Geschäftsjahr (bis Ende September). "Beim Umsatz wollen wir mindestens doppelt so schnell wachsen wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt", erklärte er. Das operative Ergebnis solle mindestens doppelt so stark wachsen wie der Umsatz. In der neu zugeschnittenen Konzernstruktur setzte Löscher den Großbereichen Industrie und Energie neue, höhere Renditeziele.
Unterdessen geht die interne Aufklärung der Korruptionskrise weiter. Vor allem das Amnestieprogramm für Siemens-Beschäftigte beschleunige die Aufklärung. Von Oktober bis Dezember hätten die beauftragten Juristen 52 neue Untersuchungen aufgenommen, sagte Löscher.
Nach neuen Hinweisen von Mitarbeitern an die Aufklärer von der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton hatte der Siemens-Aufsichtsrat um Cromme den Aktionären empfohlen, die im Geschäftsjahr 2006/07 amtierenden Vorstände - bis auf Löscher - und den ehemaligen Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer vorerst nicht zu entlasten. "Langsam zeichnet sich ein deutlicheres Bild darüber ab, was passiert ist und wer verantwortlich war. Wir erwarten, dass sich in den nächsten Wochen weitere Fakten ergeben", sagte Cromme.
Angesichts der Krise meldete sich erstmals seit Jahren wieder die Gründerfamilie Siemens zu Wort. Die Familie, die sechs Prozent an der AG hält, unterstütze Crommes und Löschers Aufklärungsstrategie. "Wir haben Vertrauen zu diesem Kurs und unterstützen ihn", hieß es.