Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo stellt Wahlliste vor.
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Rom. Für Silvio Berlusconi wird die Luft immer dünner. Nachdem er in der Vorwoche die geplanten innerparteilichen Vorwahlen abgeblasen und sich gegen wachsenden Widerstand in seiner Fraktion erneut als Spitzenkandidat für die kommenden Parlamentswahlen ausgerufen hat, wird die Zahl seiner Verbündeten immer kleiner.
In der Vorwoche hat bereits sein früherer Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, zu dem das Verhältnis schon länger getrübt war, angekündigt, dass er mit einer eigenen Wahlliste antreten werde und eine Allianz mit der Lega Nord anstrebe.
Am Dienstagabend hat auch der Parteichef der Lega Nord, Ex-Innenminister Roberto Maroni, dem Wunsch Berlusconis, zum sechsten Mal für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, eine klare Absage erteilt. "Die Lega ist nicht bereit, Berlusconis Kandidatur zu unterstützen", sagte Maroni vor einem Treffen der Lega-Nord-Spitze mit dem Ex-Premier, bei dem es in erster Linie um eine Allianz für die Regionalwahlen in der Lombardei ging, wo Maroni sich um das Amt des Regionalpräsidenten bewirbt. Berlusconi hatte Maroni zuvor deutlich gemacht, dass er bei der Wahl nicht mit der Unterstützung der PdL (Popolo della Liberta - Volk der Freiheit) rechnen könne, wenn man nicht parallel auch für die Parlamentswahlen eine Allianz schmiede. Dieses Ultimatum Berlusconis hat in der Lega Nord zu einem heftigen Aufstand geführt. Der regionale Parteisekretär der Lombardei, Matteo Salvini und sein Kollege aus dem Veneto, der erfolgreiche Bürgermeister von Verona, Flavio Tosi, aber auch der Regionalpräsident von Venetien, Luca Zaia, traten dafür ein, bei den Wahlen allein anzutreten. Die Basis der Lega Nord ist auf Berlusconi nicht gut zu sprechen und macht ihn für die Rückschläge bei den Kommunalwahlen im Mai des Vorjahres verantwortlich, wo die Lega selbst in ihren Hochburgen in der Lombardei empfindliche Niederlagen hatte hinnehmen müssen.
Lega Nord rechnet mit einem Verzicht Berlusconis
Maroni hält zwar weiterhin eine Wahlallianz mit der PdL für möglich, allerdings nur, wenn Berlusconi seinen Anspruch auf das Premiersamt aufgibt und sich auf die Funktion eines Königsmachers beschränkt. Und der frühere Innenminister glaubt, dass Berlusconi letzten Endes auf seine Kandidatur verzichten wird. "Niemand kann die Meinungsumfragen besser deuten als er. Früher oder später wird ihm bewusst werden, dass er sich mit seiner Kandidatur auch selbst schadet", meinte Maroni.
Berlusconi, der bei seinen drei Wahlsiegen in den Jahren 1994, 2001 und 2008 stets auf die Allianz mit der Lega Nord angewiesen war, kann angesichts der derzeitigen Umfrageergebnisse zwar nicht wirklich mit einem Wahlsieg rechnen, hofft aber mit Hilfe des nicht reformierten Wahlrechts auf eine Wiederholung der Situation von 2006, als die Mitte-Links-Regierung im Senat nur über eine äußerst wackelige Mehrheit verfügte. Nach dem Ausscheren einer kleinen christdemokratischen Gruppierung hatte der damalige Premier Romano Prodi Anfang 2008 die Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer eingebüßt und Berlusconi war bei den darauffolgenden Wahlen ein Comeback gelungen.
Berlusconi muss aber nicht nur die Lega Nord fürchten, sondern auch die Fraktion seiner Partei, die dem amtierenden Regierungschef Mario Monti die Treue halten will. Zu dieser Gruppe gehören unter anderen der Ex-Außenminister und Ex-EU-Kommissar Franco Frattini, der Chef der PdL-Gruppe im Europaparlament, Mario Mauro, der scheidende Regionalpräsident der Lombardei, Roberto Formigoni, und der römische Bürgermeister Gianni Alemanno sowie eine weitere Reihe von Abgeordneten, die mit den Begriffen katholisch, liberal und europafreundlich umschrieben werden können.
Es wird auch damit gerechnet, dass eine Gruppe der ehemaligen Abgeordneten der Alleanza Nazionale, die sich 2009 mit Berlusconis Forza Italia zur PdL zusammengeschlossen hatten, in der kommenden Woche die Gründung einer eigenen Partei ankündigen werden. Zu dieser Gruppe zählen der PdL-Fraktionschef im Senat Maurizio Gasparri, der frühere Verteidigungsminister und PdL-Koordinator Ignazio La Russa und Ex-Jugendministerin Giorgia Meloni.
Montezemolo drängt Monti zu Wahlkampf-Teilnahme
Unterdessen stellte der Präsident des Sportwagenherstellers Ferrari, Luca Cordero di Montezemolo, in der norditalienischen Stadt Reggio Emilia eine Wahlliste vor, die bei dem kommenden Parlamentswahlen um die Stimmen der Zentrumswähler wirbt. Das Programm dieser Gruppe, deren Namen noch nicht feststeht, lehnt sich stark an die wirtschaftspolitischen Leitlinien von Premierminister Mario Monti an. Montezemolo - der 2009 einen Think-Tank mit dem Namen Italia Futura gegründet hatte und seither als Polit-Quereinsteiger gehandelt wurde - drängte Monti, am Wahlkampf teilzunehmen. Monti hat sich bisher aber noch nicht über seine politische Zukunft geäußert. Als Senator auf Lebenszeit, zu dem er im November 2011 von Staatspräsident Giorgio Napolitano ernannt worden war, wird er aber weiterhin der gesetzgebenden Körperschaft angehören. Es wird auch darüber spekuliert, dass er Napolitano nach Ablauf von dessen siebenjähriger Amtszeit im Mai kommenden Jahres als Staatspräsident nachfolgen könnte.
Montezemolo, der laut Umfragen derzeit auf 3,3 Prozent der Wähler käme, plant nach Meinung von Politbeobachtern ein Zentrumsbündnis mit der christdemokratischen UDC von Pier Ferdinando Casini und der Rechtspartei FLI von Kammerpräsident Gianfranco Fini, die in Umfragen derzeit auf 5,1 und 2,4 Prozent kommen.