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Silvio hat sich arg verrechnet

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Am Donnerstag wird Romano Prodis Wahlsieg offiziell. | Poker nach der Wahl geht weiter. | Morgen, Donnerstag, soll das Ergebnis der italienischen Parlamentswahlen vom 9. und 10. April endgültig feststehen. Bis dahin wird das Kassationsgericht die rund 5200 umstrittenen Wahlzettel geprüft haben. An der Tatsache, dass Romano Prodis Mitte-Links-Allianz "Unione" eine knappe Mehrheit an Stimmen in der Abgeordnetenkammer und eine hauchdünne Mehrheit an Mandaten im Senat hat, kann sich durch die Prüfung der Stimmzettel nichts mehr ändern, auch wenn sie zur Gänze dem Bündnis des bisherigen Premierministers Silvio Berlusconi zugesprochen würden - was nach bisherigem Stand der Auszählung nicht zu erwarten ist.


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Es gebe keinen Gewinner und keinen Verlierer der Wahl, hatte Berlusconi in einem im "Corriere della Sera" veröffentlichten Brief gemeint und erneut eine Große Koalition vorgeschlagen, um die Probleme Italiens zu lösen. Von der bisherigen Opposition wird aber darauf hingewiesen, dass Berlusconi selbst zu diesen Problemen nicht unerheblich beigetragen habe und seine Person ein wesentlicher Teil dieser Probleme sei. Künftig solle die Kraft regieren, die die Mehrheit hat, stellte Romano Prodi in seiner Antwort auf Berlusconis Vorschlag klar. Diese Ansicht vertreten auch manche der Berlusconi-Verbündeten, besonders die Lega Nord, die im Fall einer Großen Koalition ohne Bedeutung wäre.

Die großen italienischen Zeitungen haben nun auch untersuchen lassen, wie die Wahlen ausgegangen wären, wenn noch das alte - von Berlusconi gegen den heftigen Protest der Opposition abgeschaffte - Mehrheitswahlrecht gegolten hätte. Und da hat sich herausgestellt, dass sich Berlusconi mit der Wahlrechtsänderung einen Bärendienst angetan hat. Mit dem Mehrheitswahlrecht hätte seine Allianz nämlich in der Lombardei, in Venetien und in Sizilien 68 Mandate mehr bekommen als nach dem Verhältniswahlrecht und statt 283 Abgeordneten der "Casa delle liberta" (Haus der Freiheiten) säßen im künftigen Abgeordnetenhaus 330, für Prodis "Unione" statt 347 nur 299 Mandatare. Im Senat wären Berlusconi nach dem alten Wahlrecht mit 159 Sitzen 3 mehr zugefallen als mit dem neuen Verhältniswahlrecht und Prodi mit 155 um 3 weniger.

Bei all den Spekulationen darf aber nicht außer Betracht bleiben, dass das natürlich virtuelle Sandkastenspiele sind - ohne Berücksichtigung des menschlichen Faktors.