Der neue Präsident will die enteigneten weißen Farmer entschädigen. Doch der Neubeginn dürfte schwierig werden.
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Harare/Wien. Falls tatsächlich die neuen Zeiten kommen, die Simbabwes neuer starker Mann Emmerson Mnangagwa versprochen hat, wird sie Mike Campell nicht mehr miterleben. Der gebürtige Südafrikaner, der sich jahrelang mit großer Energie für die Rechte der enteigneten weißen Farmer in Simbabwe eingesetzt hatte, starb 2011 an den Spätfolgen der schweren Misshandlungen, die er drei Jahre zuvor erlitten hatte. Damals waren mehrere Männer auf Campells Anwesen südwestlich der Hauptstadt Harare vorgedrungen und hatten den 75-Jährigen und seine Familie verschleppt. Fast neun Stunden lang wurden Campell, seine Frau und sein Schwiegersohn gefoltert, bevor man sie am Rand einer staubigen Straße wieder aussetzte.
Mit dem Angriff wollten die mutmaßlichen Gefolgsleute des damaligen Präsidenten Rubert Mugabe den aufmüpfigen Farmer doch noch zur Räson bringen: Campell, der als Wortführer von insgesamt 77 weißen Farmer einen Prozess vor einem internationalen Gericht angestrebt hatte, sollte seine Klage gegen Mugabes umstrittene Landreform und die damit verbundenen Enteignungen Anfang der 2000er Jahre wieder zurückziehen.
Doch es sind nicht nur diese tiefen Wunden der Vergangenheit, die einen Neubeginn und eine Versöhnung mit den weißen Farmern in Simbabwe schwierig machen. Bei der Entschädigung der Großgrundbesitzer, die Mnangagwa bei seiner Inauguration am Freitag angekündigt hat, geht es auch um viel Geld, das das unter Mugabe völlig heruntergewirtschaftete Land kaum hat.
So haben die Farmer, die bei der Unabhängigkeit im Jahr 1980 fast 70 Prozent des fruchtbaren Landes besessen haben, zwar schon signalisiert, dass sie keine Kompensationszahlungen für jenes Land erwarten, das unter der britischen Kolonialherrschaft an die Weißen gefallen war. Entschädigt wollen die Großgrundbesitzer aber für ihre Investments in der Zeit danach werden. Denn die knapp 4500 weißen Farmer, von denen rund 4000 enteignet wurden, hatten ihre Betriebe nach der Unabhängigkeit weiter ausgebaut und zeitgemäße Produktionsmethoden eingeführt. Häufig arbeiteten auf den Farmen, die viel eher kleine Agrar-Industriebetriebe als einfache Bauernhöfe waren, mehr als tausend Menschen. Auch der Maschinenpark war im Vergleich zu den meisten anderen afrikanischen Ländern überdurchschnittlich groß und modern.
Entsprechend hoch sind auch die Schätzungen über eine angemessene finanzielle Entschädigung, die unter den Farmern kursieren. So ist die Rede von knapp 10 Milliarden Dollar, die Simbabwe aufbringen müsste, wenn neben den enteigneten Maschinen und den verlorenen Viehbeständen auch die Verdiensteingänge der Farmer einberechnet werden.
Trotz dieser für Simbabwe gewaltigen Summe wird der neue Präsident um eine Entschädigung der Farmer aber wohl nicht umhinkommen, wenn das Land in der internationalen Gemeinschaft wieder so wie geplant Tritt fassen soll. So haben internationale Geldgeber wie der IWF schon klargemacht, dass es ohne eine Einigung auch keine Verhandlungen über die in die Milliarden gehenden Staatsschulden geben wird. Gleichzeitig könnten die Großgrundbesitzer der darniederliegenden simbabwischen Landwirtschaft wieder dringend benötigte Impulse geben. Denn vor der Umverteilung der Landes hatten vor allem Mugabe-Günstlinge profitiert, die zwar politisch verlässlich waren, aber von Landwirtschaft oft so wenig Ahnung hatten, dass die Ernte auf den Feldern verrottete.