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Sind Gutscheine das bessere Geld?

Von WZ Online

Wirtschaft
Der "Waldviertler" - Geld, das in der Region bleibt.
© Waldviertler Verein für regionales Wirtschaften

Wörgl als historisches Vorbild. | Wien. Damit strukturarmen Regionen nicht das Geld ausgeht, wurden in einigen schon vor längerer Zeit regional Druck- und Prägemaschinen angeworfen.


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Vereine, Lokalpolitiker und Privatpersonen setzen große Hoffnungen in Mini-Währungen wie "Klostertaler", "Waldviertler" oder "Styrrion", die parallel zum Euro ausgegeben werden und die den Abfluss von Umsätzen der Händler und Gewerbetreibenden aus der Region stoppen sollen.

Die Nationalbank sieht keinen Grund, dem Zweitgeld Einhalt zu gebieten: "Solange es beim Euro beginnt und beim Euro endet", würde es sich nur um Gutscheine handeln, sagte ein Sprecher der APA. Ob die Gutscheine die gewünschten Effekte bringen würden, sei allerdings fraglich.

Eines der am weitesten entwickelten Projekte läuft im Bezirk Gmünd im nördlichen Waldviertel, einer Region mit aktuell rund 12 Prozent Arbeitslosen. In knapp 200 Geschäften kann man hier nicht nur mit Euro, sondern auch mit "Waldviertlern" bezahlen. Diese Gutscheine können von den Unternehmen mit fünf Prozent Verlust in Euro getauscht werden. Die Einnahmen aus diesen Wechselgebühren werden teilweise gespendet, teilweise dienen sie der Systemerhaltung.

Ein Wertverlust von 2 Prozent alle drei Monate soll der Zirkulation des "Geldes" auf die Sprünge helfen. Auch Sparen soll weitgehend verhindert werden, damit fleißig in der Region eingekauft wird. "Geld, das auf der Bank liegt und dann in irgendwelche Fonds oder in China investiert wird, schafft keine Nachfrage im Waldviertel", heißt es zur Erklärung auf der Homepage des Projekts.

Zwar hätten die Waldviertler nach fünf Jahren nicht die zu Beginn gewünschte Verbreitung gefunden, doch in Heidenreichstein werde das Geld von den 5.000 Bewohnern gut angenommen, berichtete Sabine Schopf vom Waldviertler Verein für regionales Wirtschaften.

Eine ähnliche Idee verfolgten die Initiatoren des "Styrrion" im steiermärkischen St. Ruprecht. Viele der 2.000 Einwohner hätten gerne mit den Gutscheinen bezahlt, bis den Betrieben nach zwei Jahren der Veraltungsaufwand zu viel wurde. "Was fehlte, war ein System zum bargeldlosen Bezahlen. Damit wären die Unternehmen bei der Stange geblieben", ist sich Initiator Thomas Matzer sicher.

Dieses Problem existiert auch im Waldviertel: "Der Aufwand ist auf jeden Fall da. Wir sehen die Ausgabe des Waldviertlers aber als Beitrag zur regionalen Wirtschaft", erklärte Thomas Böhm, Filialleiter der Volksbank Oberes Waldviertel. Auch für die Konsumenten stehe der Beitrag zur Regionalentwicklung im Vordergrund. "Die Akzeptanz in der Bevölkerung war zwar mal größer, aber es gibt eine recht treue Kundschaft", so Böhm.

Das historische Beispiel für den Waldviertler und den Styrrion war die Tiroler Kleinstadt Wörgl. Als dort in den 30er Jahren der Bankrott drohte, fing man kurzerhand an, eigenes Geld zu drucken - mit unheimlichem Erfolg. Die Arbeitslosigkeit sank in 14 Monaten von 21 auf 15 Prozent. Schließlich stoppte die OeNB das Projekt gerichtlich mit dem Argument, nur ihr sei die Ausgabe von Geld gestattet. Bei den aktuellen Projekten ist die Wirkung weniger klar. "Die Auswirkungen dieser Gutscheine sind wissenschaftlich nicht erwiesen", heißt aus der OeNB.

Als alternatives Währungssystem sei zinsloses Geld nicht geeignet, so die Haltung der Nationalbank. "Bekannterweise erfüllt Geld wichtige Funktionen, etwa als Wertaufbewahrungsmittel. Dadurch ermöglicht es Individuen ihren Konsum zu verschieben - also zu sparen. Dieses Geld wird dem Wirtschaftskreislauf nicht entzogen, sondern fließt via Banken in Form von Krediten in die Wirtschaft zurück. Ohne Zinssatz gibt es keinen Anreiz zu sparen", heißt es in einer Stellungnahme von OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny auf einer Homepage der Nationalbank.