Hoffnung auf Einigung bei Pflege noch Anfang 2011. | Pühringer hält großen Wurf beim Thema Schule für "nicht umsetzbar". | "Wiener Zeitung": Herr Landeshauptmann, Sie übernehmen ab Jänner den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz. Ihr Vorgänger, Niederösterreichs Erwin Pröll, wollte "Nägel mit Köpfen" machen - tatsächlich blockierten einander Bund und Länder in allen großen Fragen wie Schulverwaltung, Spitals- und Pflegefinanzierung sowie Stabilitätspakt. Wie wollen Sie das aufbrechen?
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Josef Pühringer: Unter Erwin Pröll ist viel Grundlagenarbeit für eine Einigung mit dem Bund bei den Themen Konsolidierung, Pflege und Spitälern passiert. Mein Ziel ist, die Verhandlungen zu finalisieren. Leider gab es bei den Spitälern durch die Entscheidung Brüssels, dass die Schulden der Landesspitäler nun auch in das gesamtstaatliche Defizit einfließen müssen, einen Rückschlag. Jetzt sind neue Berechnungen notwendig. Bei der Pflege pocht der Bund auf eine Koppelung mit dem Stabilitätspakt, hier rechne ich mit einer Einigung im ersten Quartal 2011.
Wie könnte eine solche Verbindung ausschauen?
Es wird wohl Beschränkungen bei Haftungsübernahmen und Obergrenzen bei der Neuverschuldung geben, die sich am BIP orientieren. Allerdings muss man sich hier Land für Land anschauen. Klar ist, dass wir Länder höchstes Interesse haben, Ordnung in die Landesfinanzen zu bringen, und wir werden sicher niemanden schützen, der nicht ordentlich wirtschaftet. Hier muss es zu einer Einigung kommen, ich kann nur nicht sagen, bei welchem Prozentsatz diese liegen wird.
Wen meinen Sie denn mit Ihrem Vorwurf, nicht ordentlich zu wirtschaften?
Ich glaube nicht, dass ich das noch deutlicher sagen muss.
Ist auch das Thema Steuerhoheit für die Länder bei den Verhandlungen ein Thema?
Nein, aber grundsätzlich fürchte ich mich nicht vor dem Eintreiben von Steuern, denn wir in den Ländern müssen ohnehin auch für die Politik des Bundes den Kopf hinhalten. Mir hat nur noch niemand wirklich nachweisen können, ob ein Steuerwettbewerb der Länder in Österreich auch tatsächlich funktionieren würde, denn wenn, dann müsste man in die großen Steuern hineingehen, Bagatell steuern bringen hier nichts.
Wie soll aus Ihrer Sicht eine Lösung bei der Pflegefinanzierung aussehen?
Ich kann sowohl mit einer Fonds- wie auch mit einer Versicherungslösung leben, dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen. Die Gemeinden brauchen aber dringend eine Lösung der laufenden Probleme.
Wie kann beim Thema Schule die Blockade aufgehoben werden?
Bei der Schulverwaltung nehme ich zur Kenntnis, dass der große Wurf, den sich die meisten Länder wünschen, nicht umsetzbar ist. Deshalb müssen wir jetzt in Teilbereichen zu Einigungen kommen. Mit uns Ländern kann man immer verhandeln, Voraussetzung dafür aber ist, dass akzeptiert wird, dass wir keine untergeordnete Behörden des Bundes sind. Andernfalls wird es schwierig.
Warum braucht Österreich neun verschiedene Jugendschutzgesetze und Bauordnungen?
In den Ländern gibt es unterschiedliche Auffassungen von Liberalität, das kommt bei diesen Gesetzen zum Ausdruck. Gäbe es ein einheitliches Baurecht in Österreich, würde Oberösterreich sicher zu den Verlierern zählen, weil wir die liberalsten Regelungen, die geringste Verfahrensdauer haben. Für uns ist das ein Standortvorteil. Eine österreichweite Regelung würde zweifellos bürokratischer ausfallen. Ein Wettbewerb zwischen den Ländern ist in gewissen Grenzen ein Vorteil, davon bin ich überzeugt.
Josef Pühringer, 1949 in Traun geboren, ist Jurist und Religionslehrer. Seit 1995 ist er Landeshauptmann von Oberösterreich und ÖVP-Landesparteiobmann.