Auch unter dem neuen Infrastrukturminister Mathias Reichhold wird das Thema der großen ÖBB-Teilung in die Bereiche Infrastruktur und Absatz nicht mehr aufgewärmt. Reichhold sieht keine Notwendigkeit, der Debatte neuen Zündstoff zu geben, denn er weiß, mehr als 50.000 Mitarbeiter sollten lieber nicht verunsichert werden. Dass bei den ÖBB aber alles beim Alten bleibt, ist ebenso ausgeschlossen. Einen Trennungsschmerz wird das Unternehmen wohl hinnehmen müssen. Es zeichnet sich ab, dass die Immobilien oder sogar die gesamte Infrastruktur an die SCHIG abgegeben werden könnte.
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Es könnte auch andersrum von statten gehen: Die Schieneninfrastrukturgesellschaft (SCHIG) wird den ÖBB einverleibt. Davon will natürlich SCHIG-Geschäftsführer Helmut Falschlehner nichts wissen, und er kämpft, damit er Herr über das ÖBB-Anlagevermögen und die Immobilien wird. Die für den Betrieb nicht unbedingt notwendigen Anlagen würde er zwar gerne dazunehmen, doch der größere Wurf wäre es, wenn die SCHIG gleich das ganze ÖBB-Netz bekomme. "Das wäre im Sinne von Eurostat und ein klarer Reformschritt." Der Infrastrukturminister präferiert aber die Immobilienauslagerung.
Im Finanzministerium prüfen die Beamten gerade, welche Möglichkeit die budgettechnisch günstigste ist. Die Frage muss bis zum Sommer geklärt werden, läßt Reichhold wissen. Er selbst hält es für möglich, dass das Anlagevermögen mit einem Wert von 7,3 Mrd. Euro (100 Mrd. Schilling) in die Finanzierungsgesellschaft eingegliedert wird. Diese Variante gilt derzeit auch als wahrscheinlich. Denn im Fall, dass die sich die SCHIG in den ÖBB auflöst, könnte der Bund eine harte Nuss zu knacken haben. "Bei einer Verschmelzung der beiden Gesellschaften könnte es zu einer enormen Haftungsmasse für die Republik kommen", erklärt der Verkehrsminister. Was er nicht sagt, ist dass die SCHIG nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden dazubekommen würde. Derzeit ist die Infrastruktur mit rund 3,8 Mrd. Euro (53 Mrd. Schilling) an Verbindlichkeiten belastet. Und im besten Fall wäre man mit einem Schlag eine hohe Budgetbelastung los. Die Einnahmen für die SCHIG wären marginal: Durch die Einhebung des Benützungsentgelt fallen nur 291 Mill. Euro an.
Auch die Immobilien sind nicht ohne Aderlass zu haben. Sie waren eine Abgeltung für Schulden des Absatzbereiches , welche die ÖBB im Zuge ihrerer Ausgliederung übernehmen mussten. Ein Teil des Schuldenberges konnte abgetragen werden, doch rund 580 Mill. Euro wären im Fall des Falles mit den Immobilien gegenzurechnen. Dies ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum sich der SCHIG-Chef mit dem immobilen Vermögen alleine nicht zufrieden geben will. Eines ist zwar noch nicht beschlossen, aber so gut wie sicher: Trassenaufsicht und- vergabe - das ist die Genehmigung von Zügen auf einer bestimmten Strecke - sind in Zukunft nicht mehr vom ÖBB-Bereich Netz, sondern von der SCHIG wahrzunehmen.
Den Generalverkehrsplan hält Reichhold eher für ein "grobes Konzept", das durch permanentes Evaluieren auch in seiner Prioritätensetzung umgereiht werden kann. Er kann sich durchaus vorstellen, dass große, teure und wenig effiziente Projekte wie beispielsweise die Güterzugumfahrung St. Pölten aufgeschoben und dafür kleinere Projekte, die viel Effekt für wenig Geld bringen, vorgezogen werden. Jedenfalls ist die Finanzierung der Vorhaben durch den Finanzminister nur bis 2006 gesichert. Ein Umstand, den Reichhold als sinnvoll bezeichnet. Dem ÖBB-Generaldirektor Rüdiger vorm Walde ist bewusst, dass der Generalverkehrsplan vor allem ein Kompromiss diverser Länderinteressen ist, trotzdem zeigt er sich mit dem Wurf zufrieden.
Zu größter Vorsicht rät der Minister bei Public-Private-Partnership-Modellen: "Solche Wagnisse muss man vorher genau untersuchen." Der Versuch, mit wenig Geld mehr anzuziehen, sei nicht in jedem Fall anwendbar.
Asfinag: Neuer Aufsichtsrat
Nächste Woche wird der Asfinag-Aufsichtsrat wieder komplett sein, verspricht Reichhold. Monika Forstingers Kabinettchef Hans-Jürgen Miko und Do&Co-Finanzvorstand Franz Kubik sind letzte Woche ausgeschieden. Den Miteigentümer der Strabag, Erwin Soravia, will Reichhold nicht im Amt belassen. Für ihn ist es unvereinbar, sich an der Lkw-Maut-Auschreibung zu beteiligen und gleichzeitig im Asfinag-Aufsichtsrat zu sitzen.