Ob Vogelgrippe oder die "normale" Influenza: Viren sind die Verursacher. | Aber was sind Viren eigentlich? | Wien. Um die Frage "Sind Viren Lebewesen?" beantworten zu können, müssen wir erst definieren, was Leben ist.
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Es gibt Vielzeller wie Menschen, Tiere und Pflanzen, in deren Körper bis zu Billionen verschiedenartige Zellen zusammenarbeiten, sowie Einzeller. Aber welcher Art die Zellen auch sind, alle ihre chemischen Bestandteile, also alle ihre Moleküle und Atome, sind unbelebt, völlig leblos, und nur das Ganze, nur das normale Zusammenwirken aller Systeme nennen wir lebendig. Wenn ein Lebewesen stirbt, bricht diese Ordnung zusammen. Damit wissen wir nur leider noch immer nicht, was Leben eigentlich ist, umso mehr als für Lebewesen ganz genau die gleichen physikalischen und chemischen Gesetze gelten wie für unbelebte Dinge und keine zusätzlichen Naturgesetze für sie notwendig sind.
Jedoch können wir drei Eigenschaften angeben, die lebende Zellen haben: Erstens den Stoffwechsel, die Aufnahme und Umwandlung von Substanzen und Energie und die Ausscheidung von Produkten und Abfallstoffen, zweitens die Selbstvermehrung durch Zweiteilung (Zellteilung), drittens die Replikation.
Replica auf englisch bedeutet eine Originalkopie und der Fachausdruck Replikation bedeutet die automatische identische Verdoppelung der DNA-Moleküle, auf denen die Gene aneinandergereiht sind. Zu den unerlässlichen Hauptbestandteilen der Lebewesen gehören die Proteine, von denen es zahlreiche verschiedene gibt, und sie werden unter der Anleitung der verschiedenen Gene zusammengebaut.
Kein Stoffwechsel, kein Wachstum
Haben Viren nun ebenfalls diese Eigenschaften? - Sie haben keinen Stoffwechsel. Sie fressen nicht und sie scheiden keine Abfallprodukte aus. Sie wachsen auch nicht, sondern kommen gewissermaßen in ihrer Endgröße auf die Welt. Doch sie vermehren sich - leider. Aber nicht durch Zweiteilung, sondern sie entstehen oft zu Hunderten auf einmal. Und: Auch ihre Gene replizieren. Sie vervielfachen sich und unter ihrer Anleitung werden die Bestandteile der Viren geschaffen. Viele Menschen glauben, Viren seien etwas Ähnliches wie krankheitserregende Bakterien, nur viel kleiner, doch das ist völlig falsch. Denn jetzt kommt der wesentliche Unterschied: Die Viren sind nicht imstande, sich selbst zu vermehren und sie können auch ihre Gene nicht ohne fremde Hilfe replizieren.
Was tun sie also? Sie dringen in Zellen ein und dort benehmen sie sich wie neue diktatorische Hausherren mit voller Befehlsgewalt. Die Zellen können nicht mehr ihre eigene Arbeit fortsetzen, sondern werden gezwungen, ausschließlich für die Viren zu arbeiten, das heißt, sie zu vermehren. Nicht die Zell-Gene, sondern die Viren-Gene werden repliziert und die Proteine, die unter ihrer Anleitung innerhalb der Zelle fabriziert werden, sind Viren-Bestandteile.
Diese werden dann in der Zelle zu zwanzig bis mehreren Hundert neuen Viren zusammengebaut. Und dann platzt die Zelle und gibt diese Viren frei, wobei sie in den meisten Fällen stirbt. Die neu erzeugten Viren können nun andere Zellen befallen. (Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass es auch nicht so aggressive Viren gibt, die lange Zeit in einer Zelle schlummern können, ehe sie durch einen Reiz von außen aktiv werden.)
Leben auf Kosten von Zellen
Die Viren sind also ausgesprochene Innen-Zell-Schmarotzer. Aber sind sie lebendig? Eigentlich ist das Ansichtssache. Sie weisen einige Eigenschaften des Lebens auf, aber sie sind nicht selbst lebensfähig, sondern leben auf Kosten von Zellen. Man hat sie als in einer Kapsel eingeschlossene "vagabundierende Gene" auf der Suche nach lebenden Zellen genannt, in denen sie sich einnisten können. Jeder möge daher selbst entscheiden, ob er die gefährlichen Krankheitserreger als Lebewesen betrachtet oder nicht.