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Sinn und Unsinn der Rechtsvereinheitlichung

Von Christian Dolezel

Europaarchiv

Notwendigkeit und Grenzen der Rechtsvereinheitlichung in der EU standen im Zentrum einer Veranstaltung des Österreichischen Juristentags, die diese Woche in den Räumlichkeiten des Justizministeriums stattfand. Peter Jann, Kammerpräsident am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), bewertet die Rechtsangleichung vor allem bei technischen Vorschriften als notwendig und sinnvoll.


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Es sei zu begrüßen, so der Richter in seinem Referat, wenn innerhalb der EU produzierte Kühlschränke die selbe Breite aufweisen, meint Jann. Andererseits schätze er, "dass der französische Käse andere Bestandteile hat als der österreichische".

Anders als beim - über weite Bereiche - bereits harmonisierten Gesellschaftsrecht, zeigten sich im Steuerrecht die Besonderheiten, die von den Mitgliedsstaaten nicht aufgegeben werden wollen. Auch im Zivilrecht wiegen nationale Traditionen schwer, analysiert der Richter, doch hätten beispielsweise die Richtlinie zur Gewährleistung im Kaufrecht oder die Produkthaftungs-Richtlinie zu einer erheblichen europaweiten Rechtssicherheit geführt. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf das Rechtsangleichung bewirkende EuGH-Urteil in Sachen "Simone Leitner".

"Monster der Detailfestlegung"

Damit müsse nun auch in Österreich der Ersatz von immateriellen Schäden im Reiserecht zuerkannt werden, wie es bereits in den meisten anderen Staaten der Gemeinschaft üblich gewesen sei.

Abschließend erwähnte Jann die zur Zeit massiv entstehende Rechtsvereinheitlichung in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen. EU-Abgeordneter Reinhard Rack kritisierte in Sachen Rechtsharmonisierung die zunehmende Praxis, von allgemeinen Zielfestlegungen mit länderspezifischer Umsetzung abzugehen und Richtlinien zu "Monster der Detailfestlegung" zu machen.

Gleichzeitig betonte er aber die Hoffnung, hier mit der kommenden EU-Verfassung gegenzusteuern.