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Sinn und Vernunft

Von Edwin Baumgartner

Wissen
Aristoteles, dargestellt vom italienischen Maler Francesco Hayez (1791-1882).
© Bild: Wiki

Anlässlich seines 2400. Geburtstags widmet sich Radio Ö1 dem antiken griechischen Philosophen Aristoteles.


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Der erste Universalgelehrte war Aristoteles - oder soll man doch seinen Lehrer Platon als solchen ansprechen? Im Grunde ist es gleichgültig. Die Bandbreite der Suche nach Wissen, die Aristoteles abdeckte, ist bis heute unübertroffen: Zur Staatstheorie verfasste er ebenso Grundlegendes wie zur Wissenschaftstheorie, zur Naturlehre und Metaphysik, sogar die Dichtung, vor allem die Tragödie, stellte er auf ein theoretisches Fundament, das bis in die Gegenwart wirkt, auch, wenn vielen Autoren vielleicht nicht einmal bewusst ist, dass sie in ihren Arbeiten aristotelischen Grundsätzen folgen.

Die griechische Philosophie der Antike ist eine der tragenden Säulen unserer Kultur, unserer Zivilisation, und einer der Steinmetze, der diese Säule tragfähig bearbeitet hat, war dieser 384 vor Christus in Stageira geborene Aristoteles. Als 17-Jähriger trat er in Platons Akademie in Athen ein. Er beteiligte sich an Forschung und Lehre. Nach Platons Tod verließ er 347 Athen. In den Jahren 343/342 unterrichtete er den Sohn Philipp II. von Makedonien - einen cleveren Jüngling namens Alexander, der als "der Große" Eingang in die Geschichte finden wird.

Lehre mit Logos

Anschließend forscht Aristoteles mit seinen Schülern im Lykeion bei Athen, muss die Stadt allerdings wegen politischer Spannungen im Jahr 323 v. Chr. verlassen. Er geht nach Chalkis, wo er im Jahr darauf stirbt.

Eine Grundlage der aristotelischen Philosophie besteht darin, den Begriff zu definieren - was bei einem der griechischen Sprache äußerst schwierig ist: Was bedeutet "logos"? "Wort" ist die primäre Übersetzung, aber sie ist ungenügend. "Logos" beinhaltet auch "Vernuft" und "Sinn" - jenen Sinn, aus dem Viktor Frankl die Logotherapie entwickelte, die keine Worttherapie ist, sondern eine Therapie auf der Basis der Sinnfindung. Aristoteles benützt "Logos" in zwei Bedeutungen: Für ihn ist es das "Wesen einer Sache", die er nur dann als wissenschaftlich anerkennt, wenn sie definierbar ist. Begriffe sind nur bestimmbar, wenn der sprachliche Ausdruck sie deutlich begrenzt.

In seiner Rhetoriklehre wendet Aristoteles den Begriff des "Logos" in einer eng verwandten Form an: Hier ist er für ihn eine der drei Elemente der Rede. Die beiden anderen sind Ethos (der Charakter des Redners) und Pathos (die Emotion des Zuhörers). Als Logos fasst Aristoteles in der Rede das Argument auf, die Begründung oder, anders gesagt: die logische Herleitung einer Position - und es ist keineswegs ein Zufall, dass im Wort "logisch" ebenfalls der Logos steckt, die Begründung, die Vernunft, die verstandesmäßige, nicht die gefühlsmäßige oder die spekulative Darlegung. Aristoteles unterscheidet damit in allen Bereichen seiner Philosophie zwischen "ich glaube" und "ich kann beweisen". Im 4. Jahrhundert vor Christus begann in Griechenland unsere moderne Wissenschaft.

Salzburger Nachtstudio

"Lob des Logos." Ein Klassiker des wissenschaftlichen Denkens: Zum 2400. Geburtstag von Aristoteles.

Mittwoch, 6. Juli, 21 Uhr auf Ö1.