Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Sind Fernsehzuseher vom Wesen her Masochisten? Die Freude an Schmerz und Leid, die uns jedes Jahr im August anheim fällt, würde darauf schließen lassen. Oder wie soll man sonst den triebhaften Zwang erklären, der viele Österreicher am Mittwochabend zum Mitfiebern bei den Champions-
League-Spielen der heimischen Mannschaften bewegte? Krankhafter Optimismus, übersteigerte Selbsteinschätzung, simple Ahnungslosigkeit oder gar mangelndes Alternativprogramm? Nein, ich bleibe dabei, es handelt sich eindeutig um Lust am Leiden. Mitanzusehen, wie der GAK sich "ausschöpfte", quasi als Sisyphus des runden Leders die Kugel mit unglaublicher Willenskraft immer wieder dem Ziel gegnerisches Tor entgegenrollte, um dann doch zu scheitern, ging an die nervliche Substanz.
Doch da ein Leiden selten allein kommt, gesellte sich auch noch Robert Seeger hinzu, der bei solchen Spielverläufen seiner Emotionen nicht mehr Herr ist. Und weil der ORF keinen Fußball-Assinger als Korrektur einsetzt, wurde für den Zuseher das doppelte Leiden dermaßen unerträglich, dass man sich eine schnelle Entscheidung, ganz gleich für welche Mannschaft - und sei es durch Elfmeter -, wünschte. Danach der Anblick von Herbert Prohaska mit knallrotem Kopf und die Erkenntnis, dass selbst für Österreichs Top-Fachmann alles zu viel wurde. Der ORF sollte nächstes Jahr deshalb vor den Matches ein Warnung einspielen: "Fußball-Übertragungen können ihre Gesundheit gefährden."