Regierung hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. | Wirtschaftskrise hat Druck auf Bundesländer erhöht. | Großer Wurf dennoch ohne Chance. | Wien. Historiker haben gute Aussichten, sich den kommenden 12. Februar nicht rot im Kalender anstreichen zu müssen. Damit, dass dieser Tag dereinst als Beginn einer neuen Epoche in der Zweiten Republik gefeiert werden wird, ist nach allem menschlichen Ermessen nicht zu rechnen. Die Konstituierung einer Arbeitsgruppe zur Verfassungs- und Verwaltungsreform reißt mittlerweile niemanden mehr vom Hocker.
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Dazu ist die Liste der gescheiterten Versuche schlicht zu lang: Zuletzt gelang es dem mit großem Pomp von Schwarz-Blau zelebrierten Österreich-Konvent, den seit Jahrzehnten vor sich hin dümpelnden Reformversuchen Leben einzuhauchen. Die Zahl der Vorschläge konnte sich auch tatsächlich sehen lassen, nur: An denen hat es noch nie gemangelt, es fehlte die Kraft - und der Wille - zur Umsetzung. Das gleiche gilt für den rot-schwarzen Anlauf in der letzten Legislaturperiode. Ihnen allen wurde von der blockadefreudigen Realverfassung der Zweiten Republik ein Begräbnis erster Klasse bereitet. Warum sollte das ausgerechnet jetzt anders sein?
Im Regierungsübereinkommen finden sich zur dort verankerten Arbeitsgruppe von SPÖ und ÖVP nur ein paar dürre Sätze: Noch im ersten Quartal 2009 soll sie konkrete Vorschläge unterbreiten, wie die im Budgetpfad bis 2013 vorgesehenen Einsparungen von mehr als drei Milliarden Euro jährlich (1,1 Prozent des BIP) erzielt werden können. Das klingt nicht nur ambitioniert, das ist es auch.
Rückenwind durch globale Krise?
Unerwarteten Rückenwind könnte jedoch die globale Wirtschaftskrise den Reformbemühungen verleihen. Die Gesamtverschuldung des Bundes ist aufgrund der ausgesprochenen Haftungen wieder über die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP gestiegen, das Budgetdefizit könnte spätestens 2010, wenn nicht schon heuer, die 3-Prozent-Marke durchbrechen. Und zu all dem hat der gerade erst vorgelegte Budgetabschluss 2008 wieder einmal gezeigt, dass manche Bundesländer - allen voran Kärnten - budgetpolitisch am Rande des Abgrunds wandeln.
Der ökonomische Druck auf die Politik, Sparvolumen auch tatsächlich zu heben, könnte diesmal also erstmals groß genug sein. So ist zumindest diesmal die Chance intakt, dass die Privilegierung der Landesbeamten in einigen Ländern endlich ein Ende findet. Bleibt die Frage, ob SPÖ und ÖVP auch den Mut zu unpopulären Entscheidungen aufbringen. Zweifellos gilt gerade für Verwaltungsreformen, dass auch Kleinvieh Mist macht, nur: Milliarden-Summen lassen sich durch so wichtige und wertvolle Maßnahmen wie die gemeinsame Organisation von Fuhrparks, IT-Strukturen oder Dienstreisen nicht lukrieren.
Diese Größenordnungen schlummern dagegen in so politisch sensiblen Bereichen wie dem Gesundheits- und dem Bildungsbereich. Natürlich gibt es auch hier erhebliche Sparpotenziale durch Effizienzsteigerungen, die sich erzielen lassen, ohne dass die Bürger es negativ zu spüren bekommen - von Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung bis zu überflüssigen Doppelbefunden in Arztpraxen auf Kosten der Sozialversicherung.
Am Schluss steht man jedoch vor der Diskussion, ob Schulstandorte und Spitalseinrichtungen in entlegenen Regionen politisch erwünscht sind - oder eben nicht. Viel Geld sparen ließe sich natürlich auch durch eine Wieder-Erhöhung der Klassenschüler-Höchstzahlen - aber die wurden eben erst auf 25 Schüler pro Klasse gesenkt, zumindest offiziell. Von wegen politischer Wille und so. Der Gemeinde- oder Landespolitiker, der tatenlos der infrastrukturellen Ausdünnung seiner Heimat zusieht, ist noch nicht geboren. Und wenn sich ein Landesrat doch zur Schließung eines Standorts durchringt, dann liegt dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einer Hochburg des politischen Mitbewerbers.
Mehr Effizienz ja, billiger oft nicht
Weitgehend zwischen SPÖ und ÖVP akkordiert ist die Einführung von Landesverwaltungsgerichten. Diese neuen Institutionen erhöhen zweifellos die Effizienz der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Bürger kommen so schneller zu ihrem Recht, weshalb die Neuerung rechtspolitisch uneingeschränkt zu begrüßen ist. Nur billiger wird die Sache dadurch sicherlich nicht, vielmehr werden neue Investitionen notwendig. Billiger ist übrigens auch der Tierschutz kaum geworden, seit die Kompetenz dafür unter lautem Beifall den Ländern entzogen und vom Bund einverleibt wurde. Ob sich die diesbezüglichen Hoffnungen durch ein einheitliches Baurecht erfüllen werden, wird man sehen - gelernte Österreicher werden skeptisch bleiben.