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Situation der Roma "sozial explosiv"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Kommissar Andor legt Strategie für Roma vor. | Fortschritte bei Bildung und Jobs. |
§§"Wiener Zeitung": Seit den spektakulären Ausweisungen von Roma aus Frankreich letzten Sommer ist es wieder recht ruhig um die größte Minderheit in der EU mit rund zwölf Millionen Mitgliedern geworden. Wie wollen Sie wieder Schwung in die Debatte bringen? * | Laszlo Andor: Der Kern unserer Strategie ist, den Mitgliedstaaten zu erklären, wie sie die Mittel fokussierter für die Integration der Roma einsetzen können.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dabei spielt der Europäische Sozialfonds auf EU-Ebene die bedeutendste Rolle. Für die Vergleichbarkeit der Fortschritte entwickeln wir ein Monitoring-System.

Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor?

Nach unseren Statistiken schließen weniger als die Hälfte der Romakinder die Grundschule ab, das verschlechtert natürlich die Chancen am Arbeitsmarkt, an dem ebenfalls weniger als die Hälfte der Roma teilnehmen. Es muss daher gezielte Programme für den Schulbesuch, den Wohnbau und auch die Gesundheitsversorgung geben, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Dafür sollen die Länder vor Jahresende nationale Roma-Strategien vorlegen, deren Umsetzung wir überwachen werden.

Manche Länder scheinen gar nicht besonders an der Integration der Roma interessiert zu sein.

Es gibt ein wachsendes Verständnis, dass jeder außer Malta seinen Anteil leisten muss - denn dort gibt es keine Roma.

Wie wollen Sie die Roma selbst beteiligen? Viele von ihnen scheinen in Bevölkerungsstatistiken nicht auf.

Schätzungen der EU-Grundrechteagentur in Wien sind ausreichend, um zu sehen, wo wir einen erheblichen Anteil an Roma haben. So sind Gebiete im Osten der Slowakei, im Nordosten Ungarns, in Bulgarien und Rumänien vom Wohlstand ausgeschlossen. Die Regierungen müssen dorthin Infrastruktur und wirtschaftlichen Aufschwung bringen.

Was bringt es einem Land, seine Roma zu integrieren?

Es ist positiv für die Wirtschaftsleistung und das Steueraufkommen, je mehr Roma in den Arbeitsprozess integriert sind. Dann werden auch schwierige und manchmal explosive soziale Bedingungen zerstreut, welche den Staaten Schwierigkeiten machen. Nach der derzeitigen Wahrnehmung handelt es sich um eine hoffnungs- und ausweglose Situation. Stattdessen soll die Hoffnung zurückkehren, dass immer mehr Romakinder in die Schule gehen, immer mehr Roma Arbeit haben und das Jahr für Jahr gemessen werden kann. Dann verbessert sich langfristig auch das Zusammenleben.

Vor einem halben Jahr haben Sie gesagt, Sie wollen in fünf Jahren beträchtliche Fortschritte haben. Gilt jetzt das Ziel 4,5 Jahre?

So ist es.

Kann das wirklich funktionieren? Zumindest die letzten 20 Jahre, aber in Wirklichkeit wohl noch nie waren die Roma wirklich integriert.

Ich rede ja nicht von Vollbeschäftigung der Roma in fünf Jahren. Aber das riesige Ausmaß der Lücke muss geringer werden. Derzeit beträgt die Arbeitslosigkeit in Ungarn etwa zwölf und in der Slowakei rund 13 Prozent; bei den Roma in diesen Ländern ist sie vier oder fünf Mal so hoch.

Also in vier bis fünf Jahren nur noch die dreifache Arbeitslosigkeit für Roma?

Wir haben hier keine Ziele festgelegt. Wir fordern aber die Länder dazu auf.

Sind Sanktionen vorgesehen, falls eine Roma-Strategie nicht ehrgeizig genug ist oder nicht umgesetzt wird?

Es gibt für die Auszahlung der Struktur- und Sozialfonds gewisse Bedingungen. Die könnten auch den Roma-Bereich betreffen.

Laszlo Andor (44) ist EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.