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Das miserable Abschneiden der 6.000 deutschen Schüler beim weltgrößten Schulleistungstest PISA (siehe "Wiener Zeitung" 5. Dezember 2001) hat in Deutschland eine wahre Lawine von Analysen, Kritiken, Vorschlägen und eiligen Sofortmaßnahmen ausgelöst.
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Relative Einigkeit herrscht in der Bewertung der PISA-Ergebnisse: Das deutsche Bildungswesen zeigt im internationalen Vergleich "erschreckende Defizite". Deutsche Schüler sind "nicht einmal mehr Mittelmaß". Das ist eine "neue Bildungskatastrophe", für die das "Schulsystem verantwortlich ist". Die Fähigkeit, Wissen auf den Alltag anzuwenden ist "begrenzt". Kinder aus sozial schwachen Familien werden zu wenig gefördert, der "Sozialstaat versagt" hier auf ganzer Linie. Schüler lesen nicht gern, sondern lungern nachmittags in Einkaufszentren herum oder sitzen vor dem Fernseher oder vor Computerspielen. Es fehlen Ganztagsschulen. In den Grundschulen werden die Schüler "systematisch unterfordert". Die Grundschulen und Kindergärten sind unterfinanziert, für Gymnasien wird überproportional viel ausgegeben. Es wird zwar viel Wissen vermittelt, aber zu wenig praxisorientierte Anwendung gelehrt.
Starke Worte, die aber nicht zum ersten Mal fallen. Bereits 1997 hatte die Timss-Studie dem deutschen Bildungsniveau nur Mittelmaß bescheinigt. Aber diesmal sitzt der Schock tiefer. Deutsches Selbstwertgefühl steht auf dem Spiel, wenn der Exportweltmeister und Wirtschaftsgigant Deutschland dümmere Schüler hat, als z.B.: Finnland, Korea oder Österreich. Sicher kein Zufall, dass die "Berliner Zeitung" in titelte: "In Österreich unterrichtet 'Frau Professor'" und sich aus dem Wiener Bildungsministerium erzählen lässt, warum Österreich in der PISA-Studie 12 Plätze vor den Deutschen rangiert.
In den kommenden Monaten werden intensivste Diskussionen über eine grundlegende Reform des Bildungsmsystems ins Haus stehen. Die Kultusministerkonferenz, die für den nächsten Herbst einen Maßnahmenkatalog geplant hatte, beschloss bereits Sofortmaßnahmen: Altersgemäßes Lernen schon im Kindergarten zur Vorbereitung auf früheres Einschulen, stärkeres Gewicht auf deutsche Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften, bessere Förderung lernschwacher Kinder und Weiterbildung für Pädagogen.