Zum Hauptinhalt springen

Skalpell, Motorsäge und Talar

Von Francesco Campagner

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Nachmittags ist die Welt im Sommer in Ordnung: Die Sonne scheint, der Mensch schwitzt und die gefährlichsten Hunde sind erschöpft und erregen Mitleid. In solchen Augenblicken, in denen man den Vierbeinern zumindest im Gemütsleben gleicht, erliegt man als TV-Zuseher dem Charme von Serien wie "Ally McBeal" (ORF 1), sieht zum x-ten Male dem Heimwerker-King Tim Taylor in "Hör mal, wer da hämmert" (ORF 1, RTL) zu und übersteht sogar hirnerweichende Schmalz-Comedys wie "Eine himmlische Familie" (ORF 1, VOX) ohne größeren Schaden.

Die Sender wissen natürlich um ihre Allmacht und nützen sie gnadenlos aus. In Deutschland scheint jedes Lebensproblem nur mehr vor Gericht lösbar, und wenn nicht Richter/in Salesch, Hold, Herz und Wetzel (SAT.1, RTL) das Sagen haben, ermittelt irgendein Polizist, Anwalt oder Hobbyschnüffler. Nein, ganz so ist es natürlich nicht. Es gibt auch noch die Knochenflicker des "emergency room" (PRO 7), die etwa am Montag ein "Skalpell zum Frühstück" anboten, oder "Diagnose: Mord" mit dem ebenfalls sehr gelungenen Episodentitel "Selbstmord aus Rache" (Kabel 1). Am Nachmittag empfindet man anders. So anders, dass man sich wundert, wenn die "Nanny" gerade nicht am Bildschirm erscheint (alle Programme außer ORF 1 und VOX). Und falls man darüber auch noch zu nachdenken beginnt (Sind alle Bänder geschmolzen? Hat Sabrina die Programmmacher verzaubert? Oder hat gar die Olsenbande zugeschlagen?), sollte man möglichst schnell auf TV-Entziehungskur gehen.