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Die Einbettung Österreichs in internationale Organisationen wie EU und IOC ist ein wahrer Segen. Deren Sendboten zeigen dem Land, wo es lang geht.
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In unregelmäßigen Abständen holt uns Österreicher ein Skandal mit internationalen Nebenwirkungen ein. Im Moment ist es der Doping-Skandal und das von ihm ausgelöste Gemetzel zwischen Nationalem und Internationalem Olympia-Komitee sowie dem Österreichischen Skiverband.
Früher einmal war es der Weinskandal, noch früher gab es Waffenexportgeschäfte und einiges mehr. Das verbindende Element: In unserer provinziellen Innensicht wähnen wir uns so lange vollkommen, bis wir auffällig werden.
Österreich hat das reinste Wasser, die großartigsten Skifahrer, den besten Umweltschutz, inzwischen das beste Anti-Doping-Gesetz und ist Lehrmeister mindestens von Europa. In dieser Rolle versuchte sich Bundeskanzler Alfred Gusenbauer während eines Deutschland-Besuches in Sachen Budget- und Wirtschaftspolitik. Allerdings nannte kurz darauf EU-Währungskommissar Joaquín Almunia Österreichs Budgetpolitik zu wenig ambitioniert.
Es ist wirklich seltsam, dass glauben gemacht wurde, die Alpenrepublik habe besonders tolle Umweltschutzkriterien, bis dann im April Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer Schmerzensschreie ausstießen, weil sich die EU-Kommission erlaubte, die Schadstoff-Emissionsrechte der Industrie auf 30,7 Millionen Tonnen zu begrenzen. Und die Abwässer der Lederfabriken rinnen noch immer die Raab hinunter zu den erbosten ungarischen Nachbarn.
Die Prätorianer im österreichischen Olympia-Team 2006 in Turin schirmten ab und nahmen nichts Auffälliges wahr. Wer stößt sich schon an Blutbeuteln und Spritzen, sie gehören halt in den Rucksack. Offenbar reisen die Funktionäre selber gern mit Dialyse-Apparaten herum, ohne sie zu verwenden.
Das IOC störte das Österreichische Olympia-Komitee ungehobelt auf. In solchen Fällen internationaler Aufregung passiert jedes Mal das Gleiche: In Österreich wird Handlungsbedarf verspürt, es ist fast wie Doping von außen. Das kann gut gehen.
Der Weinskandal von 1985 hatte genießbare Konsequenzen. Die Regierung Schüssel/Riess-Passer musste sich angesichts des EU-Kreuzzuges gegen Österreich im Jahr 2000 wie ein demokratischer Musterschüler aufführen, wodurch beispielsweise das Versöhnungsfondsgesetz zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter reibungslos über die Bühne ging.
Manchmal werden freilich im Überschwang Gesetze durchgepeitscht wie 1977 ein Kriegsmaterialiengesetz zur Beschränkung der Waffenexporte. Vom Ansatz her richtig, erwies es sich in den Folgejahren Service-anfällig, weil sich Zeiten und Umstände rasch ändern können. Der Text musste "präzisiert" werden, weil die österreichischen Luftraumbewacher nicht ewig wegschauen konnten, wenn Nato-Flugzeuge die Republik überquerten.
Oder die Reaktion ist absonderlich wie jetzt beim Doping. Da wird die Million Dollar, die das IOC strafweise den Österreichern entzieht, in Cash zurückgeschickt, also rechnerisch verdoppelt und einem guten Zweck gewidmet, nämlich dem Kampf gegen Doping. Wie sich der Geldfluss genau vollzieht, wird der ÖOC-Präsident und Ex-Chef der Casinos Austria, Leo Wallner, schon wissen. Die Frage ist auch sehr relativ angesichts der Tatsache, dass hierzulande schon ein Fußball-Kapitän wie Hannes Kartnig drei Millionen Euro in Casinos verspielen konnte, ohne dass jemand Notiz davon nahm.
Die Anti-Doping-Spende muss es uns wert sein: Das ist nämlich besser, als wenn auch dieser Skandal österreichisch unter den Tisch gekehrt würde.