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Skepsis gegen Giganten

Von Christine Zeiner

Analysen

"Vorsicht", sagt François Loos. Frankreichs Industrieminister warnt vor einer Allianz zwischen Renault-Nissan und General Motors. Wieder einmal ein protektionistisches Zeichen Frankreichs?


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Erst vergangene Woche genehmigte der Ministerrat einen Gesetzesentwurf, der die Privatisierung des Energiekonzerns Gaz de France erlaubt. Damit wird eine Fusion mit dem französischen Wasser- und Stromkonzern Suez ermöglicht und die Übernahme durch das italienische Unternehmen Enel abgewehrt. Am Wochenende waren die Gespräche der Welthandelsorganisation erneut abgebrochen worden - unter anderem, weil sich auch Frankreichs Landwirte gegen weitere Liberalisierungsschritte sträuben. Nun folgt das Misstrauen gegen das Bündnis auf dem Automarkt.

Die große Nation will sich in diesem Fall aber nicht vor dem Einfluss anderer abschotten, denn hier wäre immerhin Frankreich ein gewichtiger Spieler: Der Staat ist mit 15,33 Prozent der größte Aktionär von Renault und liegt damit noch vor Nissan. Der japanische Allianzpartner hält 15 Prozent an Renault, das französische Unternehmen ist mit 44,4 Prozent an Nissan beteiligt. Mit dem Erwerb von zusammen 20 Prozent am derzeit weltweit größten Autobauer General Motors könnte ein noch größeres Kaliber entstehen.

Ja, es sei "positiv", dass Renault "nach einer weltweiten Dimension" suche, meint der Industrieminister. Der US-Markt aber sei "gewaltig und kompliziert". Der Absatz aller in- und ausländischen Anbieter ist im heurigen Juni gegenüber Juni 2005 um elf Prozent auf 1,5 Millionen Autos gesunken. Die Treibstoffpreise legen zu, die US-Amerikaner steigen auf weniger spritfressende Autos um.

Doch auf die hatte unter anderem GM gesetzt. Im vergangenen Jahr fuhr der Konzern einen Verlust von 10 Milliarden US-Dollar ein, das Management kündigte einen harten Sanierungskurs an. Vergangene Woche wurde freudestrahlend verkündet, dass dieser besser laufe, als geplant: Anstelle der vorgesehenen 30.000 Mitarbeiter werden 35.000 US-Werke verlassen, und bis Jahresende soll 1 Milliarde Kosten weniger anfallen als geplant.

Einem geht das offenbar nicht schnell genug: Großaktionär Kirk Kerkorian scheint eher auf das Geschick von Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn zu setzen. Dieser hatte 1999 als Renault-Landeschef erklärt, bei Nissan entweder bis 2001 einen Gewinn zu erzielen oder andernfalls zurückzutreten. Ghosn leitet heute nicht nur Renault, sondern auch Nissan.

Die Verwaltungsräte von Renault und Nissan haben Ghosn grünes Licht für Gespräche mit GM gegeben. Was einmal gut gegangen ist, könnte auch ein zweites Mal gut gehen, so scheint es. Es würde jedenfalls großes Einsparungspotenzial geben, sagen Marktbeobachter. Andere können der Bündnis-Idee weniger abgewinnen. Risiken sieht nicht nur Frankreichs Regierung. Die GM-Sanierung werde noch Jahre dauern, meinen Analysten. An den Börsen legten denn auch einzig GM-Papiere nennenswert zu - und das auch nur im Frühhandel am Montag.