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Skepsis über die Frohbotschaft

Von Matthias Nagl

Politik

Politik glaubt noch nicht an verlustlosen Ausstieg aus Spekulationen.


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Salzburg. Ist vielleicht doch alles gar nicht so schlimm gewesen? Laut unterschiedlichen Medienberichten könnte das Land Salzburg ohne Verluste aus der Finanzaffäre aussteigen, die dem Land eine wochenlange Ausnahmesituation beschert haben. Wie die "Wiener Zeitung" schon in der Wochenend-Ausgabe berichtete, soll die entlassene Leiterin der Budgetabteilung des Landes, Monika R., neben dem offiziellen Derivat-Portfolio mit einem Umfang von 1,788 Milliarden Euro ein zweites "Schatten-Portfolio" betreut haben, das letztlich zum Auffliegen des Skandals geführt hat und einen Umfang von 1,25 Milliarden Euro hatte.

Auch aus diesem Portfolio soll der Ausstieg ohne Verluste möglich sein, heißt es. Die politisch Verantwortlichen reagieren auf diese, für sie eigentlich positiven Nachrichten, noch recht zurückhaltend. Landeshauptfrau-Stellvertreter und Finanzreferent David Brenner (SPÖ) bezeichnete die Nachrichten mit zur Affäre passender Wortwahl als "reine Spekulation".

Er präsentiert am Mittwoch im Salzburger Landtag den lang erwarteten ersten Bericht zur Affäre, auf dessen Basis eine Woche später das Salzburger Budget für 2013 beschlossen werden soll. Am Montag war der Bericht noch nicht fertig, er wird den Landtagsparteien erst am Mittwoch im Finanzüberwachungsausschuss des Landtags übergeben.

Die ÖVP, die aufgrund der Affäre einen Neuwahl-Antrag angekündigt hat, zeigt sich von den Nachrichten wenig beeindruckt. "Es gibt keine neuen Informationen zum Status quo. Aus den Protokollen des Finanzbeirats geht deutlich hervor, dass bereits 2008 und 2009 Verluste realisiert wurden. Die SPÖ musste schon vor 2009 von Verlusten gewusst haben und hat uns im Unklaren gelassen. Das Vertrauen in der Regierung ist mit oder ohne Vorlage des Berichts irreparabel zerstört", hieß es auf Anfrage der "Wiener Zeitung" aus dem Büro von Landeshauptfrau-Stellvertreter Wilfried Haslauer.

Die Anwälte der beschuldigten Beamten, dem Leiter der Finanzabteilung Eduard Paulus und Monika R., reagierten im ORF-Radio dagegen vorsichtig positiv auf die Nachrichten. "Wenn das zutrifft, ist das eine erfreuliche Wende, weil die Vorwürfe in sich zusammenbrechen", sagte Paulus-Anwalt Martin Riedl.

Auch Herbert Hübel, Anwalt von Monika R., sagte, dass sich das mit der Verantwortung seiner Klienten decken würde. Diese habe auch nie gesagt, dass es einen Verlust von 340 Millionen Euro gegeben habe, sondern nur, dass dieser drohe. Allerdings könnte schon ein einzelnes Wertpapier, das Schaden verursacht hat, laut Experten den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dem entgegnet Riedl: "Einen Schädigungsvorsatz nachzuweisen, wird nicht ganz einfach sein."

"Aufklären, dann wählen"

Die Oppositionsparteien zeigten sich skeptisch. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass das wirklich stimmt", hieß es aus dem FPÖ-Landtagsklub. Allerdings: "Wenn es wirklich stimmt, muss man die Situation neu bewerten. Unser Ansatz war immer, zuerst aufklären, dann wählen. An der Spekulation ändert sich ja nichts. Es würde die Sache ja nicht ungeschehen machen, nur der Verlust wäre vielleicht geringer."

Cyriak Schwaighofer von den Salzburger Grünen vermutet ein taktisches Manöver hinter dem Auftauchen der Berichte. "Es kann sein, dass da eine Zahl in den Raum geworfen wird, um gute Stimmung in Richtung SPÖ zu erzeugen", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Selbst wenn es stimmen sollte, ändert es nichts daran, dass es Neuwahlen geben muss. Diese Regierung ist völlig außer Stande, etwas zu bewegen."

Immerhin einigten sich die beiden Regierungsparteien am Montag darauf, drei Millionen Euro an bereits budgetierten Spekulationsgewinnen wieder aus dem Landesvoranschlag zu streichen und zusätzliche Mittel in der Höhe von 800.000 Euro für notwendige Aufklärungsarbeit neu aufzunehmen. Das ist unter anderem auch deshalb notwendig, weil die Salzburger Finanzabteilung nach zwei Suspendierungen und Überlastung bei den restlichen Mitarbeitern de facto nicht mehr handlungsfähig ist.

Brenner-Nachfolger gesucht

Allerdings könnte Brenners Bericht am Mittwoch noch Überraschungen bringen. Sollte das nicht passieren, dürfte zumindest die ÖVP mit der SPÖ mitstimmen. Denn: "Wir brauchen dringend ein Budget", sagt Haslauer. Schwaighofer glaubt, dass die Maßnahmen für das Budget 2013 "ziemlich viel zu kurz greifen". Gebe es keine radikale Änderung beim Budget, werden die Grünen diesem nicht zustimmen, kündigt er an. Am Mittwoch sollen die Landtagsparteien auch wie gefordert die Protokolle des Finanzbeirats bekommen. Der hat am Wochenende seine beiden externen Experten verloren. Utz Greiner und Lauri Karp haben ihre Funktion zurückgelegt. "Damit wird es möglich, eine neue Struktur im Finanzmanagement aufzubauen", sagte Brenner.

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist unterdessen auf der Suche nach einem Nachfolger für David Brenner, der für 23. Jänner seinen Rücktritt angekündigt hat. In der Landtagssitzung soll nicht nur das Budget beschlossen werden, sondern auch Brenners Nachfolger gewählt werden. Aktuell kursieren zahlreiche Namen von innerhalb und außerhalb der Salzburger SPÖ, eine Entscheidung soll es im Lauf der Woche geben. Eine Variante ist auch, dass eines der verbliebenen SPÖ-Regierungsmitglieder das Finanzressort übernimmt und der Neuling ein strategisch weniger bedeutendes Ressort bekommt.