Schneeurlaub verliert bei Europäern an Beliebtheit - Österreich muss neben Sport andere Aktivitäten bieten.
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Wien. Statt in die Berge zieht es immer mehr Europäer im Winter in wärmere Gefilde: In den ersten acht Monaten 2014 sank die Zahl der Schneeurlaube der Europäer um acht Prozent, jene der Urlaube am Land um zehn Prozent, wie der World Travel Trends Report des touristischen Beratungsunternehmens IPK International ergeben hat. Badeurlaube und Städtereisen machen dem für den österreichischen Tourismus so wichtigen Winterurlaub zunehmend Konkurrenz. "Laut den IPK-Zahlen ist das Wintersporturlaubs-Potenzial in Europa ziemlich ausgeschöpft, befindet sich aber auf einem konstant hohen Niveau", sagt Ulrike Rauch-Keschmann, Sprecherin der Österreich Werbung (ÖW). Österreich konnte laut ÖW seit 2006 seinen Marktanteil in Europa an den neun Millionen Wintersport-Urlaubsreisen auf mehr als 50 Prozent ausbauen und ist in diesem Segment Marktführer.
Wintersporturlaub bleibe ein wichtiges Segment für Österreichs Tourismus. "Es wird aber künftig sicher eine gewisse Herausforderung für das Urlaubsland Österreich, die gute Position in Europa abzusichern", so Rauch-Keschmann. Dafür habe Österreich mit der guten Infrastruktur, einem guten Preis-Leistungsverhältnis und der Gastfreundschaft beste Voraussetzungen, ist man bei der nationalen Tourismus-Marketingorganisation überzeugt.
Winteraktivitäten abseits von Skifahren werden wichtiger
"Österreich gilt zwar als klassisches Wintersporturlaubsland, allerdings wird der Urlaub nicht mehr zwangsläufig als Skiurlaub wahrgenommen", sagt Rauch-Keschmann. Sie verweist auf eine T-Mona-Gästebefragung, laut der immer mehr Österreich-Urlauber zusätzliche oder alternative Angebote zum Skifahren nutzen. Sie fahren nicht nur Ski, sondern verbringen auch einmal einen Tag in der Therme oder unternehmen eine Winterwanderung. Für die Regionen bedeutet das, dass sie nicht nur Ski-Infrastruktur von Liften bis zur Beschneiung bieten müssen, sondern auch Wanderwege, Rodelstrecken oder Langlauf-Loipen sowie kulturelle Stadterlebnisse, Thermen- und Erholungsangebote.
Weitaus positiver als für den Skiurlaub sind die Wachstumsprognosen für Städtereisen, diese Entwicklung zeigt sich auch in Wien. Die Bundeshauptstadt hat im Vorjahr erstmals die Marke von 13 Millionen Nächtigungen geknackt. Bis März 2015 erwarten Branchenvertreter für Wien eine weitere Steigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie der von der Schloss Schönbrunn Betriebsgesellschaft beauftragte "Vienna Tourism Indicator" ergeben hat. Innerhalb Europas legte die Anzahl der Städtereisen laut IPK in den ersten acht Monaten 2014 um zehn Prozent zu.
Reise-Kombinationen und Städtereisen im Trend
2015 steht laut dem Tourismuskonzern Verkehrsbüro, zu dem Österreichs größte Reisebürokette Ruefa gehört, im Zeichen von Reise-Kombinationen, Sporturlaub und Städtetrips. Rundreisen, Zwei-Ländertouren oder Reise-Kombinationen per Schiff, Bus oder Flugzeug liegen im Trend - etwa eine Kreuzfahrt mit Badeurlaub. Der Trend zu Aktivurlauben sei ungebrochen. Der Wunsch nach einzigartigen Erlebnissen sei groß. "Die Urlaubswelt wird komplexer, der Trend zur Individualisierung beeinflusst auch die Reisebranche", sagt Martin Bachlechner, Vorstandsdirektor der Verkehrsbüro Group.
Woher kommendie Gäste von morgen?
Die Reiselust der Europäer ist ungebrochen: Die Zahl der Auslandsreisen ist in den ersten acht Monaten 2014 um drei Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen und hat damit einen neuen Rekordwert erreicht. Die Urlaubsaufenthalte der Europäer werden laut IPK zwar kürzer, dafür geben die Reisenden mehr Geld pro Tag aus.
Für 2015 erwartet IPK International einen weiteren Anstieg des weltweiten Reiseaufkommens um vier bis fünf Prozent. Bei den Auslandsreisen von Europäern wird mit einer Steigerung von drei Prozent gerechnet. Als wachstumsstärkste Quellmärkte zeichnen sich Großbritannien mit einem Anstieg von sieben Prozent sowie die Schweiz und Polen mit einem geschätzten Wachstum von jeweils vier Prozent ab.
Für Deutschland - dem wichtigsten Herkunftsmarkt für den österreichischen Tourismus - wird ein Auslandsreisewachstum von zwei Prozent prognostiziert. Zum selben Ergebnis kommt das Tourismusbarometer der GfK im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft.
Ein Sonderfall ist Russland: Galt das Land bis vor wenigen Monaten noch als Wachstumsmarkt, fällt die Prognose nun aufgrund der politischen Spannungen mit der EU und des Rubel-Verfalls, der Auslandsurlaube für Russen teurer macht, deutlich pessimistischer aus: "Hier wird jedenfalls in der laufenden Wintersaison, aber voraussichtlich auch für das Gesamtjahr 2015 mit Rückgängen zu rechnen sein", so Rauch-Keschmann. Besonders betroffen sind Skigebiete wie Ischgl, Saalbach-Hinterglemm oder Kitzbühel, die mit weniger zahlungskräftigen russischen Gästen auskommen müssen.
Auch in gesättigten Märkten wie Westeuropa, USA und Australien ist derzeit aus Sicht der heimischen Touristiker mit keinen großen Wachstumsraten zu rechnen. Hier sei das vorwiegende Ziel, die Reisevolumina zu halten, heißt es von der ÖW. Bei Urlaubern aus dem Raum CEE (Zentral- und Osteuropa) soll neben dem bereits etablierten Winterurlaub Österreich als Sommerdestination ausgebaut werden. In diesen Ländern entdeckt die kaufkräftige Mittelschicht ihre Reiselust.
Erst im Entstehen ist die reiseinteressierte Mittelschicht in China, in den arabischen Ländern oder in Südkorea. Hier müsse Österreich den Fuß in der Tür haben, heißt es von der ÖW, die zuletzt in der Türkei und in Brasilien die Werbetrommel für Urlaub in Österreich rührte. Europa insgesamt verzeichnete im Vorjahr zweistellige Zuwächse bei den Besucherzahlen aus China, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Auslandsreisen der Asiaten stiegen zwischen 2009 und 2013 um 53 Prozent, mehr als doppelt so stark als der weltweite Durchschnitt. China hat dabei laut IPK mit Abstand die Nase vorn. Als zunehmend reisefreudig erweisen sich weltweit Einwohner von Südkorea, Indien und Taiwan. Auch die Wiener Touristiker rechnen mit steigenden Nächtigungszahlen von Chinesen in Wien.
Buchungen über dasHandy legen kräftig zu
Indes setzt das Internet seinen Siegeszug als Informationsquelle und Buchungsort fort. Das Buchungsportal HRS schätzt, dass bis 2017 jede zweite Buchung in Deutschland mobil erfolgen werde und es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis die mobilen Buchungen die Reisebüro-Buchungen überholen. In China stiegen die Smartphone-Buchungen besonders stark, ebenso in den USA und in Japan. Auch Bewertungsportale, Blogs oder Foren werden für die Reiseplanung intensiv genutzt. In China vertrauen sogar 95 Prozent der Auslandsreisenden auf diese Ratgeber. Die ÖW ist in China mit einer Website, die auch für mobile Geräte optimiert ist, sowie auf diversen Social-Media-Seiten vertreten. Für fast alle internationale Netzwerke gibt es in China eine Alternative: Sina Weibo für Twitter, Youku ähnelt YouTube. "Wichtig ist, dass man in China auch anders auftreten muss, es ist alles viel bunter und verspielter", sagt Rauch-Keschmann. Im Moment arbeitet die ÖW an einer Spiele-App für den asiatischen Markt, die heuer präsentiert werden soll.
Privatunterkünftewerden beliebter
Zu den Gewinnern der Reisesaison 2014 gehörten neben Buchungen über das Smartphone auch Privatunterkünfte, heißt es im World Travel Trends Report. Auffallend sei der steigende Marktanteil der Parahotellerie mit einem Wachstum von 35 Prozent über die vergangenen fünf Jahre.
Plattformen wie der Privatunterkunft-Vermittler Airbnb, Appartements und Ferienwohnungen werden beliebter. Kritisiert wird diese Entwicklung von Hotellerie-Vertretern, die in Airbnb & Co. unfaire Konkurrenz sehen. Der international tätige Vermittler Airbnb verweist in diesem Zusammenhang immer wieder darauf, dass der Gastgeber sich erkundigen müsse, welche Regelungen für ihn gelten.