Johannesburg - Sie wurden misshandelt, entwürdigt, in Ketten gelegt und wie Vieh unter miserablen Umständen deportiert. Afrikas Sklaven waren fast 500 Jahre lang nichts weiter als Massenware, wie Baumwolle, Holz oder Gewürz. Auf rund 20 Millionen wird ihre Zahl geschätzt. Es waren zumeist die kräftigsten und gesündesten Männer und Frauen, die dem Kontinent genommen wurden. Das unendliche Leid, das durch den Sklavenhandel entstanden ist und Afrika in seiner Entwicklung weit zurückgeworfen hat, soll nun wenigstens anerkannt werden. So zumindest wünschen es sich mehrere afrikanische Staaten und Menschenrechtsgruppen wie die Human Rights Watch aus New York.
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Sie gehen aber weiter: Nach dem Vorbild der Reparationszahlungen für ehemalige Zwangsarbeiter in Nazi-Deutschland soll der Westen auch finanzielle Wiedergutmachung leisten. Vor allem die USA, Südafrika und Brasilien, aber auch Europa stehen dabei im Rampenlicht. Die Erwartungen konzentrieren sich auf die am 31. August in der südafrikanischen Hafenstadt Durban beginnende UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus, bei der über Ursachen, Gründe und Formen von Rassismus, über die Opfer sowie Vorbeugung diskutiert werden soll.
Die Konferenz will sich erstmals auch der Frage widmen, wie Menschen entschädigt werden können, die nicht direkte Opfer von Rassendiskriminierung sind, deren Vorfahren aber solche Diskriminierung erlitten haben. Das Gerangel um mögliche finanzielle Forderungen überschattet bereits seit Wochen die Vorbereitungen der Tagung. Nun haben die USA sogar mit ihrem Boykott gedroht.
Nicht weniger als 777 Billionen Dollar (887,9 Bill. Euro/12,2 Billiarden Schilling) verlangte Ende 1999 eine länderübergreifende Organisation aus Ghana, die "African World Reparations and Repatriation Truth Commission". Auch wenn die Zahl lediglich als Diskussionsgrundlage gedacht sein dürfte: Die Forderung ist auf dem Tisch. Kritiker weisen darauf hin, dass es keine Ex-Sklaven mehr gibt, an die Entschädigungen direkt gezahlt werden könnten. Auch etwaige Zahlungen an Aufbaufonds werden kritisch beurteilt: Immerhin habe der Westen afrikanischen Staaten seit deren Unabhängigkeit ohne spürbaren Erfolg Milliarden-Summen als Entwicklungshilfe überwiesen, so das Argument.
Für Libyens Revolutionsführer Muammar el Gaddafi ist hingegen klar: "Die Weißen müssen zahlen", meinte er Anfang Juli bei einem Treffen mit Simbabwes Präsident Robert Mugabe. Dabei hat er außer Acht gelassen, dass das, was heute als eines der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt, einst lukratives Geschäft von vielen war. Europäer waren Hauptnutznießer der Sklaverei, aber sie waren nicht die einzigen. Auch arabische Kaufleute zogen Profit daraus - ebenso wie afrikanische Könige und Häuptlinge.