Der Anführer der radikalislamischen Terrorgruppe Isis, Abu Bakr al-Baghdadi, versteht es, die muslimische öffentliche Meinung zu manipulieren.
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Ein Video von einem zwanzigjährigen britischen Muslim aus Cardiff gibt einen Eindruck von der leidenschaftlichen Loyalität, die Isis-Führer Abu Bakr al-Baghdadi auslöst. "Wir haben in Syrien gekämpft, gehen in den Irak und in den Libanon und nach Jordanien, wohin auch immer uns unser Scheich (Baghdadi) sendet", der als Nasser Muthana identifizierte junge Mann, der sich vor rund acht Monaten Isis (Islamischer Staat im Irak und der Levante) anschloss: "Wir sind deine scharfen Pfeile, schleudere uns auf deine Feinde."
Bevor sich der britische Isis-Rekrut, dessen Familie vom Jemen nach Großbritannien emigrierte, dem Dschihad anschloss, hatte er Zusagen von vier Medizinunis. Baghdadis Kämpfer gehen überall hin und tun alles für die Sache. Sie vereinigen in sich fanatische Leidenschaft und ein außergewöhnliches Maß an Organisation, technischem Geschick und taktischer Planung.
"Baghdadi ist ein skrupelloser, unverwüstlicher, ehrgeiziger Terrorführer, der bedauerlicherweise ein Talent für taktische Operationen und militärische Strategien hat", sagt ein US-Terrorabwehrexperte. Baghdadi ist in der Kriegführung geschickter als seine Mentoren, als Osama bin Laden und Abu Musab al-Zarqawi, der Al-Kaida-Führer im Irak. Baghdadi bedient sich brutaler, mobartiger Praktiken, um die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, sagt der Experte: Er finanziert die Operationen mit "Methoden, die man von organisierten Verbrecherbanden gewohnt ist".
Baghdadis Charisma eines Bandenführers spiegelt die Zeit, die er als Häftling im US-geführten Militärgefängnis Camp Bucca verbrachte - von dem US-Offiziere befürchteten, es könnte zu einer Schule für Dschihadisten werden. Es ist vielsagend, dass es eine der erfolgreichsten Taktiken Baghdadis war, während er seine Organisation in den letzten Jahren aufbaute, Al-Kaida-Häftlinge aus irakischen Gefängnissen zu befreien.
Vor fast einem Jahr führte Isis einen raffinierten Angriff auf die Gefängnisse Abu Ghraib und Taji, bei welchem an die 1000 Gefangenen befreit wurden, viele von ihnen abgebrühte Al-Kaida-Kämpfer. In einem Kommuniqué der irakischen Regierung wird festgehalten, wie ausgeklügelt der Angriff war, mit Autobomben, Selbstmordattentätern und koordiniertem Granatwerferfeuer. Als Isis kürzlich durch Mosul fegte, befreite die Gruppe bis zu 3000 weitere Kämpfer aus einem Gefängnis außerhalb der Stadt.
Obwohl der US-Terrorabwehrexperte Baghdadi als einen "hausgemachten Terroristen" beschreibt, der den irakisch-syrischen Raum niemals verlassen hat, verstand es seine Gruppe, weltweite soziale Medien zu mobilisieren. Das Onlinejournal "War on the Rocks" analysierte diese Woche einen Twitter-Sturm auf #AllEyesOnISIS: 31.500 Tweets in 24 Stunden, wobei die 50 Haupt-Tweeters fast 20 Prozent des Volumens ausmachten - durchschnittlich 126 Nachrichten pro Person.
Wenn Baghdadi auch selten öffentlich spricht, verfügt er doch über "Eloquenz, Scharfsinn und Gewandtheit". Alles in allem ist der Isis-Führer ein geschickter, disziplinierter, gewalttätiger, charismatischer Mann mit einem Sinn dafür, die muslimische öffentliche Meinung zu manipulieren.
Übersetzung: Redaktion