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SkyEurope ist im Konkurs gelandet

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Zwischenkredit kam nicht mehr. | Zahlreiche Linien bieten Rückflüge an. | Wien/Pressburg. Karolina O. ist am Dienstag Vormittag nach schlafloser Nacht auf dem Flughafen Barcelona und um 300 Euro ärmer nach Wien angekommen: Der Ausflug in die katalanische Metropole sollte für die 19-jährige Wiener Studentin und drei Freundinnen nach den durchjobbten Sommermonaten den Höhepunkt der Ferien sein - ermöglicht durch das Billigticket von SkyEurope um 103 Euro, hin und zurück.


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Dass der Hinflug am vergangenen Donnerstag schon mit der Busfahrt nach Pressburg begann, störte noch wenig. Spannend wurde es dann am Montag Abend: Zuerst normales Einchecken zum Heimflug um 18.30 Uhr, dann Verspätungsdurchsage und drei Stunden warten. Dann kamen die Koffer plötzlich wieder zurück - SkyEurope teilte lapidar - per Aushang - mit, man habe den Betrieb eingestellt.

In Pressburg hatte am späten Montagabend der Restrukturierungsverwalter Jozef Griscik die Reißleine gezogen: Er wurde über Nacht zum Konkursverwalter, nachdem sich den ganzen Montag über die Hiobsbotschaften für die seit Ende Juni unter Gläubigerschutz fliegende Airline gehäuft hatten. Nach dem Flughafen Wien-Schwechat, der schon seit 14 Tagen wegen nicht bezahlter Rechnungen keine SkyEurope-Maschinen mehr abfertigte, drohten auch die Flughäfen in Prag und Pressburg, die Dienstleistungen einzustellen, wenn die Airline nicht bezahlte.

Schuldenberg von fast 200 Millionen Euro

Für die hoch verschuldete Mutter SkyEurope Holding war es am Montag nach einem monatelangen Überlebenskampf bittere Gewissheit: Die erhoffte Zwischenfinanzierung aus England in Höhe von fünf Millionen Euro kommt nicht. Und die Beteiligungsgesellschaft Focus Equity wird die zuletzt "bei erfolgreicher Restrukturierung" zugesagten 16,5 Millionen Euro frisches Kapital wohl nicht mehr einschießen.

Erfolgreiche Restrukturierung hätte vor allem geheißen, den angehäuftem Schuldenberg von fast 200 Millionen abzubauen. Sky Europe hat seit der Gründung im Jahr 20001 noch nie Gewinne geschrieben - aber immer wieder Geldgeber für die Expansion gefunden, weil das Konzept trotz allem attraktiv erschien. Die Verkehrszahlen waren in der Wirtschaftskrise zuletzt aber weit stärker rückläufig als bei den ebenfalls gebeutelten etablierten Fluglinien: In den letzten zwölf Monaten sank die Passagierzahl um fast ein Drittel.

Tausende Fluggäste müssen sich nun selbst um ihre Rückflüge kümmern, bedauerte SkyEurope-Sprecher Roland Schranz - für ihn sei das "Aus" "doch überraschend" gekommen. 71 Flüge mit rund 7900 Passagieren wären für Dienstag geplant gewesen, insgesamt hatte man bis Februar 2010 rund 10.000 Flüge zu 30 europäischen Destinationen im Angebot.

Rückflüge um 25 bis 150 Euro verfügbar

Zahlreiche Fluglinien wie etwa die AUA, FlyNiki, Ryanair und Czech Airlines bieten den gestrandeten SkyEurope-Passagieren bei überlappenden Destinationen Rückflüge an. Sondermaschinen soll es nicht geben, freie Plätze werden für 150 Euro (AUA, Buchungszentrale Tel.: 05/1766 1000), 99 Euro (FlyNiki) oder 50 Euro (Czech Airlines) zur Verfügung gestellt.

Ryanair bietet für alle Flüge ab und nach Pressburg Ersatz um 25 Euro pro Flug an (buchbar unter www.ryanair.com/member/SkyEuroperescuefare.html bis 15. September). Die irische Nummer eins der Diskont-Airlines hatte übrigens von Dublin aus schon seit Monaten einige ihrer Flugzeuge mit dem Schriftzug "Bye bye, SkyEurope" versehen und verstärkt die SkyEurope-Heimatbasis Pressburg ins Streckennetz einbezogen . . . .

Forderungen anmelden im Konkursverfahren

Karolina hatte noch Glück: Eine Mitreisende aus Tirol borgte der Studentin 300 Euro, damit ergatterte sie einen von drei freien Plätzen in der AUA-Morgenmaschine nach Wien. Wie die anderen von den Flugausfällen betroffenen SkyEurope-Kunden kann sie nun ihre Forderungen gegen die Airline im Konkursverfahren anmelden.

Grundsätzlich stehen europäischen Fluggästen bei Flug-Annullierungen die Rückerstattung des Ticketpreises sowie eine Entschädigung (abhängig von der Entfernung 250 bis 600 Euro) zu. Im Konkursverfahren ist laut Verein für Konsumenteninformation (VKI) aber nur mit einer teilweisen Erstattung zu rechnen. Die Konsumentenschützer bieten unter www.verbraucherrecht.at ein Formular zur Forderungsanmeldung in der Slowakei an.

Bessere Chancen haben Besitzer von erst kürzlich gebuchten und mit Kreditkarte bezahlten Flugtickets. Solange eine Zahlung noch nicht weitergeleitet wurde - was in der Regel erst der Fall ist, wenn der Flug stattgefunden hat - kann sie zurückgebucht werden.

Der heimische Kreditkarten-Abwickler Paylife (Visa, Mastercard) informiert unter www.paylife.at und www.kreditkarte.at .

Wer den SkyEurope Flug im Rahmen einer Pauschalreise gebucht hat, kann sich an den Reiseveranstalter wenden, informiert der VKI. Dieser habe dafür zu sorgen, dass die vertraglich vereinbarte Beförderung stattfindet.

Auch allfällige Geldansprüche seien gegen den Veranstalter zu richten. Angesichts der Pleite bekräftigte Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer seine Forderung nach einer stärkeren Konkurs-Absicherung für Fluglinien. Ähnlich wie die Veranstalter von Pauschalreisen sollten sie zum Abschluss von Insolvenzabsicherungen verpflichtet werden.

ChronologieWien. (sf/apa) Tickets ab einem Euro zuzüglich Gebühren - wegen ihrer aggressiven Preispolitik schrieb die Billigfluglinie SkyEurope trotz laufend steigender Passagierzahlen seit ihrem Start rote Zahlen. Gegründet wurde SkyEurope im September 2001 vom Österreicher Christian Mandl und vom Belgier Alain Skowronek. Zunächst wurde SkyEurope als innerslowakische Billig-Fluglinie geführt, 2002 starteten erste Auslands-Flüge nach Prag und Zürich.

Seit September 2005 notierte SkyEurope an den Börsen in Wien und Warschau. Mit dem Erlös des Börsegangs sollten Flugzeug-Zukäufe und das weitere Wachstum finanziert werden. Ein Jahr nach dem Börsegang meinte Mandl: "Wenn wir Fehler gemacht haben, dann den, dass wir zu früh an die Börse gegangen sind" - denn starkes Wachstum und kurzfristige Profitabilität würden einander ausschließen.

Mit den Passagierzahlen ging es steil bergauf: Von 2003 auf 2004 steigerte SkyEurope seine Kundenzahlen von 171.400 auf 956.000, der Umsatz wuchs von 13 auf 63 Millionen Euro. 2006 waren es 2,7 Millionen Fluggäste, im Geschäftsjahr 2007/08 bereits 3,76 Millionen.

Im März 2007 verlegte SkyEurope sein Haupt-Drehkreuz von Pressburg nach Wien und bediente ab Schwechat mehr als 20 Destinationen in Europa. 2008 beförderte die Fluglinie 1,2 Millionen Gäste von Wien aus. Damit war sie die drittgrößte Fluglinie am Flughafen Wien - nach der AUA und Niki/Air Berlin.

Im letzten vollständigen Geschäftsjahr 2007/08 setzte die Airline knapp 261 Millionen Euro um - und flog dabei einen Nettoverlust von fast 60 Millionen Euro ein. Der Schuldenberg war auf knapp 177 Millionen Euro gewachsen. Die Wirtschaftsprüfer verweigerten der Fluglinie den Bestätigungsvermerk unter die Bilanz: Sie bezweifelten, dass der Fortbestand des Unternehmens für zwölf Monate garantiert werden könne.

Aufgrund der finanziellen Turbulenzen schränkte SkyEurope seine Kapazitäten und das Streckennetz drastisch ein: Von 14 Flugzeugen wurden sieben zurückgegeben - was Rückgabekosten von 5,4 Millionen Euro verursachte. Drei neue Flieger kamen wieder dazu - teilweise durch teures Kurzfrist-Leasing. Die Passagierzahl sank im 1. Halbjahr auf 1,25 Millionen.

Die nächsten Tiefpunkte kamen am 22. Juni 2009: SkyEurope meldete Insolvenz an und flog unter Gläubigerschutz nach slowakischem Recht weiter. Der Flughafen Paris-Orly hielt trotzdem eine SkyEurope-Maschine wegen nicht bezahlter Rechnungen fest.

Mitte August 2009 stellte der Flughafen Wien die Abfertigung der SkyEurope-Maschinenein, weil die Fluglinie Rechnungen nicht beglichen hatte. Die Airline verlegte daraufhin ihre Flüge nach Bratislava.

Damit war der Sturzflug jedoch nicht mehr zu stoppen: Am 31. August 2009 kündigte der Prager Flughafen einen Abfertigungsstopp an, auch ab Bratislava wurden sämtliche Flüge gestrichen. Der Restrukturierungstreuhänder stellte den Konkursantrag.

Der Handel mit der Aktie wurde gestern, Dienstag, ausgesetzt. Die Anleger verbuchen einen Totalverlust: Der Eröffnungskurs der Aktie lag bei 6,50 Euro, am Montag war sie nur mehr 0,25 Euro wert.

SkyEurope: 280.000 wertlose Tickets