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Slobodan Milosevic muss in Den Haag angeklagt werden

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Den Haag - Die Chefanklägerin und der Präsident des Internationalen UN-Tribunals für Ex-Jugoslawien, Carla del Ponte und Claude Jorda, begrüßten Montag die Festnahme von Slobodan Milosevic und zeigten sich zuversichtlich, dass Milosevic nach den Haag ausgeliefert wird.


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Bereits in einem Sonntag in der spanischen Zeitung "El Pais" abgedruckten Interview, das vor der Festnahme Milosevics geführt wurde, hatte sich del Ponte entschieden dafür ausgesprochen, den jugoslawischen Ex-Präsidenten vor das Den Haager Tribunal zu bringen.

Bisher habe man 38 Personen, die sich freiwillig gestellt haben, verurteilt, etwa 20 Angeklagte seien noch auf freiem Fuß und gegen 150 Verdächtigen droht eine Anklage.

Wenn man Milosevic jetzt zuerst in seiner Heimat wegen Korruption ein Verfahren mache, könnte das von der Internationalen Staatengemeinschaft auch als Versuch angesehen werden, das Verfahren wegen weit schwererer Anschuldigungen wie Völkermord hinauszuzögern. "Was bedeutet es schon, wenn er in Belgrad wegen des illegalen Ankaufs eines Hauses verurteilt wird?" fragt Carla del Ponte und stellt klar, dass sie ein solches Vorgehen nicht akzeptieren werde und auch die internationale Staatengemeinschaft auffordern werde, es nicht zu akzeptieren. Die Chefanklägerin stellte in dem Interview auch klar, dass das Den Haager Tribunal keine Jurisdiktion für wirtschaftliche Verbrechen habe und sie schlägt deshalb vor, dass die systematische Korruption auf staatlicher Ebene auch als mögliches Verbrechen gegen die Menschheit angeklagt werden sollte. Del Ponte wies darauf hin, dass ihr schon derzeit eine Einheit unterstehe, die internationale Geldflüsse untersucht und viele Bankkonten von Flüchtigen in aller Welt blockiert habe. Ein Ziel der Prozesse sei es, die Schuldigen zu bestrafen, ein weiteres, die Opfer zu entschädigen. Sie strebe deshalb eine Zusammenarbeit mit der Regierung in Belgrad an, um dieses Geld an das Land zurückzugeben.

Wenn Jugoslawien ein eigenes Verfahren gegen Milosevic wegen seiner finanziellen Vergehen führen wolle, sei ihr das auch recht, aber sie sollten es führen, nachdem ihm in Den Haag der Prozess gemacht wurde, wo man für das Verfahren schon vorbereitet sei. In Belgrad sei das noch nicht der Fall. Auf keinen Fall dürfe es eine Ausnahmesituation für Jugoslawien geben und eine andere Behandlung als für Bosnien oder Kroatien, die von Anfang an zur Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal von Den Haag bereit waren.