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Slowakei: Das Arbeitsrecht als Spaltpilz der Koalition

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Wirtschaft
Vor allem in der Bauwirtschaft werden in der Slowakei häufig saisonale Arbeitskräfte eingesetzt, die als Selbstständige tätig sind. Foto: bilderbox

"Gesetz des Jahres" löst Proteststürme aus. | Der Mittelstand befürchtet Zusammenbrüche. | Pressburg. Der slowakische Premierminister Robert Fico hatte es sich so schön vorgestellt. Mit der Novelle des Arbeitsrechts wollte er nicht weniger als das "Gesetz des Jahres 2007" vorlegen. Doch ausgerechnet wegen der angedachten Neuordnung des Arbeitsmarktes hängt der Haussegen in der Regierungskoalition aus Ficos Smer-SD, der nationalistischen SNS und der Partei von Ex-Ministerpräsident Vladimír Meciar, LS-HZDS, zurzeit völlig schief.


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Die Slowakei habe das "viertliberalste Arbeitsrecht der Welt", und das sei einfach Zuviel an Flexibilität, hatte Fico im Jänner zum Auftakt seines Werbens für die Gesetzesreform verkündet. Die Rechte der Arbeitnehmer müssten künftig wieder stärker berücksichtigt werden, das Arbeitsrecht dürfe allerdings auch nicht zu starr werden.

Reaktionen erwünscht

Der Entwurf für ein neues Arbeitsgesetzbuch steht längst. Fico will allerdings bemerkenswerterweise noch die Reaktionen der Bevölkerung abwarten. In der Zentrale seiner Smer-SD wurde eigens ein Kontaktbüro für entsprechende Rückmeldungen eingerichtet. Außerdem wurde der meistgelesenen slowakischen Tageszeitung, dem Boulevardblatt "Nový cas", vor kurzem der überarbeitete Gesetzestext samt Begründungsschreiben beigefügt.

Genau das könnte jetzt die Novelle vorzeitig zu Fall bringen. Außer den Arbeitgebern, die sich nahezu erwartungsgemäß gegen die Neuerungen aussprachen, sowie den klein- und mittelständischen Unternehmern fielen Fico plötzlich auch seine Koalitionspartner in den Rücken.

Der zuständige Minister Marian Janusek von der SNS warnte vor einem Schlag ins Gesicht der Baubranche und vor dem möglichen Zusammenbruch etlicher mittlelständischer Betriebe.

Pflichtumwandlung

Stein des Anstoßes ist die geplante Pflichtumwandlung von bisher vorübergehenden in feste Beschäftigungsverhältnisse. In der slowakischen Baubranche sowie auch in der Landwirtschaft werden zumeist saisonale Arbeitskräfte eingesetzt, die über einen Gewerbeschein als Selbstständige arbeiten, womit für die Arbeitgeber Steuer- und Sozialabgaben entfallen.

Die LS-HZDS wiederum hält die geplanten Einschränkungen bei Überstunden problematisch. Bisher kann der Arbeitgeber 150 Überstunden im Jahr anordnen - was häufig ausgeschöpft wird.

Außerdem wird kritisiert, dass befristete Verträge eine Laufzeit von mindestens sechs Monaten haben sollen; wünschenswert seien nur drei Monate.