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Slowakei: Güter- und Personenverkehr vor tiefgreifenden Veränderungen

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Wirtschaft
Der Bahn im Nachbarland stehen schwierige Umbauarbeiten bevor. Foto: bilderbox

Reformen wegen veralteten Netzes und schwerfälliger Verwaltung nötig. | Frachtverkehr als größtes Sorgenkind. | Pressburg. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich ein Tagesausflug mit der Bahn von Pressburg nach Kaschau wirklich lohnte. Einst schaffte der Schnellzug IC Tatran die gut 450 Kilometer von der Hauptstadt in die zweitgrößte slowakische Stadt in etwas mehr als viereinhalb Stunden. Heute braucht der gleiche Zug fast sechs Stunden, im Übrigen ist die Fahrt deutlich teurer geworden, und wer länger in Kaschau zu tun hat, muss auch noch die Kosten für das Hotel oder für den Schlafwagen einkalkulieren.


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Das Schicksal der Verbindung Pressburg-Kaschau ist symptomatisch für den Zustand der slowakischen Eisenbahn. Auch wenn auf den Hauptstrecken schon eifrig gewerkelt wird, ist der Streckenzustand andernorts noch immer relativ schlecht, zumal die Nebenstrecken in den Vorjahren deutlich vernachlässigt und lieber stillgelegt als überholt wurden. Genau wegen dieser Streckenstilllegungen sind Inlandsreisen mit der Bahn inzwischen sehr umständlich geworden, zugleich zogen die Fahrpreise aber deutlich an.

Lediglich im Fernverkehr sind punktuell einige Verbesserungen festzustellen, verkehren hier doch oft vergleichsweise elegante Züge und sind die Tickets wegen zahlreicher Sonderabkommen der slowakischen Eisenbahn mit ausländischen Bahngesellschaften vergleichsweise günstig. So kostet etwa die Hin- und Rückfahrt von Bratislava nach Salzburg etwas mehr als umgerechnet 50 Euro. Von dieser Situation haben vor allem die privaten Busgesellschaften profitiert: Im Inland punkten sie im Kampf um Kunden vor allem mit überaus günstigen Tarifen, Pünktlichkeit und zunehmend sehr komfortablen Fahrzeugen.

Zusammenlegung von Bahnunternehmen?

Verkehrsminister Lubomír Vázny will nun der slowakischen Eisenbahn unter die Arme greifen. Allein in diesem Jahr sollen umgerechnet 150 Mio. Euro allein in das Streckennetz investiert und mehr als 3000 Streckenkilometer modernisiert werden. Der Kraftakt soll vor allem mit Hilfe von EU-Strukturfördermitteln bewältigt werden. Im Übrigen berät die Regierung zurzeit über die Zusammenlegung von Personen- und Frachtverkehr zu einem Unternehmen.

Vázny hat allerdings in erster Linie nicht das Wohl der Fahrgäste, sondern das des Fiskus vor Augen. Seine Motivation für die Bahn-Radikalkur ist nämlich im Frachtverkehr zu suchen, wo die Zustände noch unbefriedigender als bei der Personenbeförderung sind. 2007 verbuchte Cargo Slovakia einen Verlust von umgerechnet mehr als 60 Mio. Euro. Der Staat zahlt hier für Infrastrukturmaßnahmen je Kilometer umgerechnet 9 Euro dazu, das ist der höchste Satz in der EU. Zum Vergleich: In Österreich zahlt der Staat zwischen 3 und 4 Euro dazu.