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Slowakei: Kompromiss im neuen Arbeitsrecht

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Wirtschaft

Gesetz soll im | September in Kraft treten. | Regierung gab | Kritik der Investoren teilweise nach. | Pressburg. Am 1. September soll die Slowakei ein neues Arbeitsrecht bekommen. Das slowakische Kabinett hat vor kurzem den Entwurf für die Novelle des Arbeitsgesetzbuchs verabschiedet. Wegen der Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat ist anzunehmen, dass der Entwurf unverändert verabschiedet werden wird. Regierungschef Robert Fico hätte damit schon ein wesentliches Wahlversprechen eingelöst.


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Missstände beseitigen

Die Befürworter der heftig diskutierten Gesetzesänderung führen Missstände ins Feld, zu denen das bisher geltende Arbeitsrecht geführt haben soll. Wegen der durchgängigen Ladenöffnungszeiten ist es beispielsweise möglich, dass eine Verkäuferin in einem Supermarkt zunächst in einer Filiale von 16 bis 24 Uhr arbeitet und dann andernorts von 0 Uhr 30 bis 8 Uhr 30 eingesetzt wird. Im Übrigen sei eine Angleichung des slowakischen Arbeitsrechts an EU-Vorgaben längst überfällig. Nunmehr müsse es darum gehen, das Interesse der Arbeitgeber an flexiblen Vorschriften und die Fürsorgepflicht des Staates als "Flexicurity" miteinander in Einklang zu bringen.

Der Regierungsentwurf sieht sieben wesentliche Veränderungen des bisherigen Arbeitsrechts vor: So soll das Gesetz künftig eine Definition enthalten, was unter abhängiger Arbeit zu verstehen ist.

Weiters sind ein Anspruch auf Abfindung und die Einhaltung einer Kündigungsfrist von 30 Tagen bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen oder gesundheitlichen Gründen vorgesehen. Mit der Einführung einer "Vereinbarung über Arbeitstätigkeiten" sollen für den Arbeitnehmer bestimmte Tätigkeiten im Umfang von nicht mehr als zehn Stunden in der Woche festgelegt werden können.

Auch Kettenarbeitsverträge werden laut dem Gesetz künftig verboten sein. Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen demnach nur mehr einmal verlängert werden. Weiters sieht der Regierungsentwurf einen Freistellungsanspruch für Gewerkschaftsvertreter von wöchentlich 16 Stunden, falls in einem Betrieb mehr als 50 Mitglieder einer Gewerkschaft beschäftigt sind, sowie einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers bei vorsätzlich vom Arbeitnehmer verursachten Schäden vor.

Arbeitnehmer, die durch eine Zeitarbeitsfirma oder Agentur in einen Betrieb vermittelt oder dorthin entsandt wurden, haben außerdem nach spätestens drei Monaten Anspruch auf denselben Arbeitslohn wie die Stammbeschäftigten in diesem Betrieb.

Vier Punkte verbessert

Nach der heftigen Kritik von neun Außenhandelskammern und großer ausländischer Investoren wurde seitens der Regierung zumindest in vier Punkten nachgegeben. Das betrifft die Definition eines abhängig Beschäftigten im Unterschied zu einem Gewerbetreibenden: Ein abhängig Beschäftigter ist nunmehr jemand, der Weisungen jeglicher Art unterliegt. Auch die "Vereinbarung über Arbeitstätigkeiten" und die Entlohnung von Gewerkschaftsfunktionären durch die Gewerkschaften selbst sowie die Festsetzung von Arbeitsnormen durch Arbeitgeber und Gewerkschaftsvertreter wurden gemäß der Kritik überarbeitet. Die Vorschriften über die Lohnfortzahlung und die Überstundenregelungen bleiben im Übrigen in ihrer bisherigen Form bestehen.

Rücksicht angebracht

Dass die Belange der Auslandsinvestoren bei der Novelle des slowakischen Arbeitsrechts in breitem Umfang berücksichtigt wurden, ist insofern recht und billig, als dass die slowakische Wirtschaft immer noch größtenteils von den Ansiedlungen und Betrieben ausländischer Investoren getragen ist. Die Slowakei sollte deshalb zumindest mittelfristig um ihre Attraktivität als Standort für diese Klientel bemüht sein.