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Mehrheit im Parlament stimmt für EU-Reformen. | Vereinbarungen hinter Kulissen. | Budapest. Der Chef der slowakischen Ungarnpartei Pál Csáky fühlte sich Donnerstag Mittag sichtlich so unwohl wie lange nicht in seiner Haut, obwohl er eigentlich zu einem Befreiungsschlag ansetzte: "Die SMK wird heute für den EU-Vertrag Lissabon stimmen". Am Nachmittag war es dann endgültig soweit: Im Parlament sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten für die Ratifikation des Vertrages aus.
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Csáky begründete die einstimmige Entscheidung der SMK-Nationalratsabgeordneten vor der Presse damit, dass die Partei den Ruf des Landes innerhalb Europas nicht gefährden wolle. Vereinbarungen hinter den Kulissen hätten jedenfalls keine Rolle gespielt, es gehe auch nur um eine einmalige Angelegenheit und keinesfalls um eine dauerhafte Unterstützung der "leeren" Politik der Regierung von Premier Robert Fico. Die SMK wolle weiter mit den beiden anderen Oppositionsparteien SDKÚ-DS und KDH zusammenarbeiten.
Allzu glaubhaft wirkte er jedoch nicht in seinen Ausführungen. Tags zuvor hatte schließlich das lange umstrittene Pressegesetz das Parlament passiert, dessen ursprüngliche Fassung nicht so durchgreifend überarbeitet worden war, wie es Opposition und internationale Kritiker im Sinn hatten. Solche Korrekturen aber waren gerade auch von Csáky selbst zur Bedingung für eine Zustimmung zum Lissabon-Vertrag gemacht worden. Fico selbst verfügte im Parlament nicht über die dafür notwendigen 90 Stimmen und war daher unbedingt auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Die SMK will nun so schnell wie möglich einen Pressegesetzentwurf ins Parlament einbringen und gegen die gerade verabschiedeten Vorschriften beim Verfassungsgericht klagen.
Den Ausschlag für den Sinneswandel in der SMK gaben letztlich wohl Äußerungen von Bildungsminister Ján Mikolaj von Ficos kleinem Koalitionspartner SNS, er werde beim Entwurf für ein Schulgesetz Zugeständnisse machen. Die SMK hatte unter anderem moniert, dass Slowakisch an Minderheitenschulen künftig im gleichen Umfang wie etwa Ungarisch unterrichtet werden sollte.
Opposition desolat
Nachdem der EU-Vertrag vom Parlament tatsächlich abgesegnet wurde ist der große Gewinner des gestrigen Tages Premier Robert Fico. Er hat mit Pressegesetz und EU-Vertrag zwei für ihn zur Chefsache erklärte Vorhaben durchgesetzt, ohne selbst allzu große Kompromisse eingehen zu müssen. Noch am Donnerstag war in mehreren Medien über seinen Rücktritt spekuliert worden.
Die Opposition hingegen präsentiert sich in desolaterem Zustand als jemals zuvor. Unfähig, sich selbst bei den anfänglich für sie günstigsten Konstellationen zu verständigen, arbeitet sie de facto wohl nur noch auf ein Ziel hin: der weiteren Stärkung Ficos.