Die slowakische Regierungskoalition, seit zwei Jahren in labilem Zustand, befindet sich erneut in der Krise. Premier Mikulas Dzurinda ließ am Mittwoch den wegen dubioser Finanzgeschäfte unter Druck geratenen Wirtschaftsminister Pavol Rusko des Amtes entheben. Rusko, Chef der mitregierenden Partei ANO, versucht jetzt, Neuwahlen zu erzwingen.
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Der slowakische Premier Mikulas Dzurinda gab am Mittwoch dem Drängen seiner Koalitionspartner nach und ersuchte Staatspräsident Ivan Gasparovic offiziell um Abberufung des durch dubiose Finanzgeschäfte ins Zwielicht geratenen Wirtschaftsministers: Um die Mittagszeit war Pavol Rusko seines Regierungsamtes enthoben.
KDH stellt Ultimatum
In der Nacht davor hatte sich die Koalition aus vier Parteien die letzten erhitzten Diskussionen über die Zukunft des Wirtschaftsministers geliefert. Rusko war schon seit mehreren Wochen wegen zweifelhafter privater Geldgeschäfte mit dem im vergangenen Jahr verstorbenen Unternehmer Lubomir Blasko unter Beschuss gestanden. Vergangene Woche hatte der Koalitionspartner KDH ausdrücklich den Rücktritt Ruskos gefordert, andernfalls werde man die Regierung verlassen. Bis zuletzt hatte Rusko auf der Rechtmäßigkeit seines Vorgehens bestanden.
Der Wirtschaftsminister verfügte vor seiner Abberufung kaum noch über Rückhalt, auch in seiner eigenen Partei. Der Parteivorstand stützte ihn zwar, acht der elf ANO-Parlamentsabgeordneten sowie Kulturminister Frantiek Toth und Gesundheitsminister Rudolf Zajac legten ihrem Parteichef aber den Rücktritt nahe. Rusko forderte nach seiner Abberufung Premier Dzurinda auf, Zajac und Toth ebenfalls aus dem Kabinett zu nehmen. Alles andere wäre ein Bruch des Koalitionsabkommens, wonach der Premier dem Wunsch einer Koalitionspartei nach Abberufung ihrer Minister folge leisten müsse. Dzurinda lehnte ab und sprach den beiden Ministern das Vertrauen aus.
Dzurinda hat sich mit dem Gang zum Präsidenten für das kleinere Übel entschieden und damit auch dem eigenen Sturz einen Riegel vorgeschoben: Bei einem Regierungsaustritt der KDH hätten ihm bei allen künftigen Parlamentsentscheidungen die notwendigen Stimmen gefehlt.