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Premier Fico will Griechen erst nach den Wahlen helfen. | Berlin und Paris fordern umfassende Reformen. | Brüssel/Bratislava. Die Allianz der Eurozone für Griechenlands weist erste Risse auf: Der slowakische Nationalrat wird über Finanzhilfen erst nach den Parlamentswahlen am 12. Juni entscheiden. Das sagte Ministerpräsident Robert Fico am Montagabend vor Journalisten.
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"Griechenland greifen wir nicht unter die Arme, solange es nicht seinen sozialen Standard senkt", so der Regierungschef wörtlich. Zunächst müsse das griechische Parlament ein Gesetz verabschieden, wonach die Pensionen und Gehälter um 25 Prozent gesenkt werden. Dabei sei er "skeptisch, dass die Griechen den Gürtel tatsächlich enger schnallen". Fico warnte vor einer Entwertung slowakischer Sparguthaben bei Tochterunternehmen ausländischer Banken, die in Griechenland investiert sind. Die Slowaken müssten sich auf einen Kampf um die finanzielle Stabilität in Europa einstellen.
Die größte Oppositionspartei SDKÚ-DS forderte Fico auf, umgehend eine Sondersitzung des Nationalrats einzuberufen. Maßnahmen zugunsten Griechenlands dürften erst ergriffen werden, wenn die Abgeordneten über die Problematik beraten hätten, sagte Spitzenkandidatin Iveta Radicová. "Wir entscheiden heute auch darüber, wie die Europäische Union künftig aussieht, wenn wir über unsere Verhältnisse leben. Die Kontrollmechanismen der Europäischen Union haben versagt."
Für eine Sondersitzung des Parlaments plädierten auch Abgeordnete der SNS, die mit Ficos Smer-SD und der LS-HZDS die Regierung bildet, und der SMK. Zur Einberufung einer Sondersitzung des Nationalrats ist die Zustimmung von mindestens einem Fünftel aller Abgeordneten notwendig.
Als einzige Partei im Parlament plädiert die oppositionelle KDH mit dem früheren EU-Kommissar Ján Figel an der Spitze für sofortige Finanzhilfen an die Griechen. Diese seien zwar "nicht willkommen, jedoch unumgänglich".
"Mechanismus ist aktiv"
In der EU-Kommission ließ man sich von Ficos Aussagen nicht erschrecken. Alle Euroländer haben zugesagt, sich an den Notkrediten für die Griechen zu beteiligen. Wie lange die Staaten brauchen, um die entsprechenden Gesetze für die Freigabe der Mittel durch die Parlamente zu bringen, sei ihre Sache, sagte der Sprecher von Wirtschaftskommissar Olli Rehn: "Wir werden Griechenland rechtzeitig und entsprechend seinen Bedürfnissen helfen können. Daran besteht kein Zweifel. Der Mechanismus ist aktiviert." Notwendig sei lediglich eine kritische Masse von Ländern, die ihre entsprechenden Gesetze bis zur Auszahlung der ersten Tranche fertig haben. Etwa Frankreich und Deutschland arbeiten schon mit Hochdruck daran; der österreichische Ministerrat hat die Aufstockung des heimischen Hilfsrahmens für die Griechen von zwei auf 2,3 Milliarden Euro bereits im Schnellverfahren auf den Weg gebracht.
Dieser Betrag ist nötig, wenn Athen den vollen Rahmen von 80 Milliarden Euro ausnützt, den die Euroländer versprochen haben. Vor dem 19. Mai müssen aber nur mindestens 8,5 Milliarden Euro freigegeben werden. An diesem Tag muss Griechenland Schulden in dieser Höhe begleichen.
Die Slowakei könne das Hilfspaket also nicht durch innenpolitisch motivierte Verzögerungen blockieren, hieß es in Kommissionskreisen. Es handle sich beim Hilfsmechanismus für die Griechen nicht um ein EU-Instrument, sondern um ein verabredetes gemeinsames Vorgehen von 15 Euroländern, erklärte ein Experte. Daher könne keines der teilnehmenden Länder zu etwas gezwungen werden, aber auch keines die anderen aufhalten. Allerdings habe sich auch der slowakische Premier Fico bereits bei zwei Treffen der Euro-Staats- und Regierungschefs ausdrücklich dazu bekannt, an einem koordinierten Vorgehen zur Stabilisierung der Eurozone - also der Rettung Griechenlands - teilzunehmen, erinnerte Rehns Sprecher.
Mit Spannung erwartet wird unterdessen, welche Vorschläge die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondertreffen am Freitagabend auf den Tisch legen. Klar ist lediglich, dass die Lehren aus der Griechenlandkrise gezogen werden müssen. Und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel skizzierte schon einmal ihre Forderungen: Der Euro-Stabilitätspakt müsse so gestaltet werden, dass er strikt eingehalten und nicht mehr unterlaufen werde könne. Für notorische Defizitsünder müsse es harte Strafen geben, daher müsse auch über die Veränderung der EU-Verträge diskutiert werden. Der Handel mit bestimmten Finanzprodukten müsse verboten, die Befugnisse des EU-Statistikamts Eurostat ausgeweitet, eine europäische Ratingagentur aufgebaut und eine europaweite Bankenabgabe eingeführt werden.
Die französische Finanzministerin Christine Lagarde erklärte, dass Frankreich und Deutschland bei den Lektionen aus der griechischen Krise dieselbe Ansicht hätten.