Selbstzensur in den Redaktionen befürchtet. | Pressburg. Offensichtlich läuft dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico bei der morgendlichen Zeitungslektüre nur allzu oft die Galle über. Denn seiner Ansicht nach machen die Journalisten im Nachbarland ihre Sache so schlecht, dass dem mutmaßlichen Medienwildwuchs nun durch Änderungen des Presserechts ein Ende bereitet werden soll. Bisher haben Personen, über die falsch berichtet wurde, wie in Österreich auch, ein Recht auf Gegendarstellung. Dies soll entfallen und durch ein Recht auf sofortige Erwiderung ersetzt werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wie das in der Praxis aussehen könnte, dass man sich künftig besser gegen nicht der Wahrheit entsprechende oder verzerrende Mediendarstellungen werde wehren können, machte Ficos Sprecherin Silvia Glendová alsbald nach den Ankündigungen ihres Chefs vor.
Die Tageszeitung "Sme" hatte über einen angeblichen Berater Ficos und seine Smer-Partei berichtet. Die nachfolgende Stellungnahme Glendovás war dann deutlich länger als ein durchschnittlicher Artikel. "Sme"-Chefredakteur Matús Kostolný wiederum setzte mit einem ausführlichen Text nach.
Inwieweit damit ein durchschnittlich interessierter Zeitungsleser überhaupt noch erreicht wird, mag dahingestellt bleiben.
Journalisten verhandeln mit Kulturminister
Viel schwerer wiegt wohl der Einwand aus den Reihen der oppositionellen SDKU-DS unter Ex-Premier Mikulás Dzurinda, die Journalisten würden mit einer derartigen Gesetzesänderung förmlich zur Selbstzensur gezwungen. Allerdings sind der slowakischen Öffentlichkeit auch noch allzu gut die vermeintlich sensationellen, sich über Wochen hin erstreckenden Enthüllungen zu einem Maler und seiner Grabstelle durch den Fernsehsender Joj in Erinnerung. Tatsächlich hatte es einen solchen Künstler nie gegeben.
Die Journalistengewerkschaft SSN will nun intensiv mit Kulturminister Marek Madaric über die geplante Gesetzesnovelle verhandeln. SSN-Vorsitzende Zuzana Krutká geht davon aus, dass sich Madaric hinter die Journalisten stellen wird. Schließlich "ist das, was wir haben, gut", betont sie. Zugleich räumt sie ein, dass in der Praxis nicht immer alles funktioniere.
Weniger umstritten als die geplante Einführung des Rechts aus sofortige Erwiderung ist die von Fico ins Auge gefasste Stärkung der Position des Presserats. Dieses nach deutschem Vorbild angelegte und in Mitteleuropa so bisher einmalige Gremium hat sich nämlich wegen mangelnder Ahndungsvollmachten bisher als nicht sehr schlagkräftig erwiesen. Künftig soll der Presserat Verstöße gegen die Pflicht zu einer den Tatsachen entsprechenden Berichterstattung zumindest teilweise auch selbst sanktionieren können.