Preßburg · Der neue slowakische Präsident Rudolf Schuster, der diese Woche Österreich besucht, wollte ein starkes Staatsoberhaupt werden. Möglicherweise wird ihm nichts anderes übrigbleiben: Die | Regierung von Ministerpräsident Mikulas Dzurinda ist dabei, ihr Ansehen und ihre Gestaltungskraft zu verlieren.
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Die Unfähigkeit Probleme zu lösen, ständig im Raum stehende Vorwürfe der Korruption und Vetternwirtschaft bringen das Land an den Rand einer ernsten Regierungskrise, die noch eifrig dementiert
wird.
Zu Beginn der Ferienzeit machten sich auch Hunderte slowakische Roma auf die Reise: Im fernen Finnland erwarte sie Asyl, schönes Taschengeld und eine Wohnung, während das begehrte Verfahren läuft.
Dieses skurrile Gerücht wurde in Umlauf gebracht, Aberhunderte machten sich auf und davon in das Land der tausend Seen und der EU-Präsidentschaft. Das verblüffte Helsinki führte für slowakische
Staatsbürger die Visa-Pflicht ein und fügte der Regierung, die während des finnischen Vorsitzes in die erste Gruppe der EU-Beitrittskandidaten aufrücken will, eine schwere diplomatische Schlappe zu.
"Alles deutet darauf hin, daß der Exodus der Roma organisiert und gelenkt wurde", sagte Schuster zu Besuch bei Amtskollegen Vaclav Havel in Prag. Preßburger Politiker werden nicht müde, diese
Behauptung zu wiederholen. Damit befriedigen sie den latenten Rassismus gegenüber den Roma.
Die Auswanderer sollen mit Charter-Maschinen des Innenministeriums nach Hause geholt werden. Roma-Initiativen bekämpfen einander wie noch nie und alle suchen den anonymen Organisator der
Massenflucht.
Wirklich gelöst kann die Roma-Problematik aber erst in Jahrzehnten werden. Das KP-Regime isolierte die Roma in massenweise zugestandenen Invaliditätsrenten und in den Gefängnissen. Notwendige Sozial-
und Beschäftigungsprogramme und echte Antirassismus-Initiativen wurden nicht angegangen, um den populären Vorurteilen gegen die "faulen Zigeuner" nicht widersprechen zu müssen.
Aber nicht nur die Roma setzen der Regierung zu, auch die größte Minderheit des Landes, die Ungarn, lassen zum ersten Mal, seit sie mit ihrer Partei SMK in der Regierung vertreten sind, die Muskeln
spielen. Sie wollen einem neuen Minderheiten-Sprachgesetz nicht zustimmen. Sollte das Gesetz ohne SMK verabschiedet werden, so ist die europaweit gefeierte Zusammenarbeit mit der ungarischen
Minderheit am Ende.
In der Dzurinda-Koalition kracht es aber noch stärker. Die Minister Ludovit Cernak (Wirtschaft) und Julius Palacka (Telekommunikation) stehen im Verdacht der Korruption. Palacka bereitet die
Privatisierung der slowakischen Telekom vor, die internationale Suche nach einem strategischen Partner ist Medien zufolge die Suche nach einer "Schmiergeld-Melkkuh". Dzurindas im Ausland abgegebene
Versprechen, daß die neue Privatisierung transparent sein werde, dürften nicht viel mehr Wert sein als die seines Vorgängers Vladimir Meciar.
Cernak konnte sich durchsetzen. Statt ihm mußte der Chef des Fonds des Nationales Eigentums (FNM), Lubomir Kanik, den Hut nehmen. Der Fonds und das Ministerium sind anscheinend unfähig, die
wirklichen Besitzer der Erdölfirma Gbely zu finden und deren von Meciar praktisch verschenkte Aktien zurück in Staatbesitz zu bringen. Dzurinda zog die Notbremse und feuerte den Chef des FNM, das
politische Schwergewicht Cernak blieb unangetastet.