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Slowakei vollzieht Linkswende

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Europaarchiv

Künftig mehr Schutz für Arbeitnehmer. | Programm enthält viele Ziele der Vorgängerregierung. | Investoren zeigen sich verunsichert. | Pressburg. Das slowakische Parlament hat das Regierungsprogramm (PVV) des neu gewählten Ministerpräsidenten Robert Fico in der Nacht zum Freitag mit den Stimmen aller 80 Abgeordneten der regierenden Parteien Smer-SD, SNS und LS-HZDS verabschiedet. Die rechtsliberale Opposition aus SDKU-DS, SMK und KDH stimmte geschlossen gegen die Vorlage des Premiers.


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Ein jährliches Wirtschaftswachstum von mehr als fünf Prozent sowie die Erfüllung der Kriterien zur Einführung des Euro im Jahre 2009 sowie die Förderung Selbstständiger, kleiner und mittlerer Unternehmen sind laut PVV die wichtigsten Vorhaben der Regierung in den kommenden vier Jahren. Damit knüpft der Sozialdemokrat Fico vordergründig sogar an einige der wichtigsten Ziele der Regierung seines klar marktwirtschaftlich orientierten Amtsvorgängers Mikulás Dzurinda an.

Reiche und Monopole stärker besteuert

Auf Besorgnis vor allem internationaler Investoren stoßen hauptsächlich die Pläne zur Änderung des Steuer- und Arbeitsrechts. Reiche Privatpersonen sowie die Betreiber natürlicher Monopole und Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden als andere Steuerpflichtige. Darüber hinaus sollen Kündigungen durch den Arbeitgeber künftig stets begründet werden müssen - zurzeit kann ein Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden -, ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Umgehung strenger arbeitsrechtlicher Vorschriften soll nicht mehr möglich sein. Gerade das flexible Arbeitsrecht der Slowakei war neben dem Einheitssteuersatz in den vergangenen Jahren für viele Investoren das ausschlaggebende Motiv für ein Engagement in der Slowakei.

Doch es sind nicht nur die angekündigten Neuerungen, die im Ausland für Besorgnis sorgen. Vielmehr ist auch nach Verabschiedung der PVV alles andere als klar, welchen Kurs die neue Regierung in Bratislava wirklich einschlagen will. Die PVV ist nämlich an vielen Stellen offenbar bewusst allgemein formuliert. Fico könnte daher sogar viele Maßnahmen im Sinne der Vorgängerregierung ergreifen, ohne bei seinen Stammwählern das Gesicht zu verlieren. Genau das aber könnte sich auch als Bumerang erweisen. Denn schon kurz nach der Verabschiedung des Programms zeigte sich, dass sich die Koalitionspartner vor Einbringung des PVV ins Parlament über viele Termini offenbar kaum oder überhaupt nicht verständigt hatten. So stritten Smer-SD und LS-HZDS gestern beispielsweise heftig über einen Grenzwert für die "Reichensteuer".