Premier holte mehr Stimmen als zu erwarten war. | Theoretisch sechs Koalitionsvarianten. | Pressburg. Der slowakische Staatspräsident Ivan Gaparovic hat den Sozialdemokraten Robert Fico mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Fico war aus den vorgezogenen Parlamentswahlen am Samstag als Sieger hervorgegangen. Seine Smer-Partei kam auf 29,1 Prozent, vor der SDKÚ von Ministerpräsident Mikulá Dzurinda (18,4 Prozent) und der Slowakischen Nationalpartei SNS von Ján Slota (11,7 Prozent).
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Politikverdrossen
Dem slowakischen Parlament werden mit der Ungarnpartei SMK (11,7 Prozent), der LS-HZDS von Ex-Premier Vladimír Me è iar (8,8 Prozent) und der christdemokratischen KDH (8,3 Prozent) noch drei weitere Parteien angehören. Die Wahlbeteiligung war mit 54,7 Prozent die bisher niedrigste bei Nationalratswahlen in der Geschichte der Slowakei. Damit setzte sich eine seit zwei Jahren zu beobachtende Entwicklung fort: Schon bei den Europawahlen 2004 und den Regionalwahlen im vergangenen Dezember hatten nur verhältnismäßig wenige Wahlberechtigte ihre Stimme abgegeben.
Fico hat die Wahlen zwar gewonnen, verfügt aber über keine absolute Mehrheit und ist daher auf Koalitionspartner angewiesen. Nach der Mandatsverteilung sind theoretisch nicht weniger als sechs Koalitionen denkbar, davon allerdings nicht alle gleich wahrscheinlich. Fico selbst würde ein Zusammengehen mit der Ungarnpartei und den Christdemokraten bevorzugen, schließt aber auch Koalitionen nicht aus, an denen die Nationalisten und der Me è iar-Partei beteiligt wären.
Gegen "Ausverkauf"
Mit diesen beiden Parteien verbinden ihn Übereinstimmungen in wichtigen Fragen wie etwa den noch ausstehenden Privatisierungen in der Energiebranche, wo Fico einem "Ausverkauf" des Landes entgegentreten will. In jedem Fall werde er als künftiger slowakischer Premier keine extrem nationalistischen Positionen vertreten, wies er noch am Wahlabend Befürchtungen zurück, wonach er gemeinsam mit der LS-HZDS und der SNS einen deutlichen Rechtsruck vollziehen könnte.
Die SDKÚ von Ministerpräsident Dzurinda holte mit 18,4 Prozent deutlich mehr Stimmen als erwartet. Nach den Umfragen hätte diese Partei auf nur etwas mehr als zehn Prozent kommen sollen. Die SDKÚ profitierte jedoch offensichtlich von der niedrigen Wahlbeteiligung, die in der Slowakei traditionell den rechtsorientierten Parteien zugute kommt, und konnte offensichtlich auch Wähler der KDH und der nicht mehr im Parlament vertretenen wirtschaftsliberalen ANO-Partei auf ihre Seite ziehen.
Bezeichnenderweise schnitten bei diesen Wahlen gerade die Parteien besonders schlecht ab, die für die Regierungskrisen während der vergangenen Legislaturperiode verantwortlich gemacht werden. Freies Forum und ANO-Partei scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde, die im Februar aus der Regierung ausgetretenen Christdemokraten kamen unerwartet auf weniger als zehn Prozent.