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Slowakische Ex-Ministerin warnt vor Populismus-Schub

Von WZ-Korrespondentin Carola Palzecki

Wirtschaft

Erste umfassende Analyse der neuen Wirtschaftspolitik. | Teurer Umbau der Altersvorsorge. | Pressburg. Die frühere slowakische Finanzministerin Brigita Schmögnerová hat Ministerpräsident Robert Fico vor populistischen Maßnahmen gewarnt. Über rein kosmetische Änderungen lasse sich möglicherweise ein erneuter Wahlsieg einfahren, doch trügen diese nichts zum notwendigen Richtungswechsel hin zu einem modernen Sozialstaat bei, schreibt sie in einer der "Wiener Zeitung" exklusiv vorliegenden 32 Seiten umfassenden Stellungnahme zum Regierungsprogramm, der einzigen bisher existierenden Analyse zu den Vorhaben der neuen politischen Spitze. Darin erörtert Schmögnerová die Sozial-, Wirtschafts- und Steuerpolitik sowie die für 2009 geplante Einführung des Euro.


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Das Papier ist zugleich eine Abrechnung mit der im Ausland hochgelobten Vorgängerregierung von Mikulás Dzurinda und aus Investorensicht interessant, weil Schmögnerova bis heute als Gallionsfigur der slowakischen Sozialdemokratie gilt. Ihre Ausführungen liefern damit wichtige Hinweise zur Interpretation der zahlreichen schwammig formulierten Begriffe im Regierungsprogramm.

Pensionsreform

Die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung sieht Schmögnerova weniger durch die geplante Senkung der Mehrwertsteuer, sondern vor allem durch eine dauerhaft zu hohe Arbeitslosigkeit und ein mögliches Misslingen der Pensionsreform sowie eine vorzeitige Abschaffung aller Gebühren im Gesundheitswesen gefährdet. Angesichts der hohen Kosten für den Übergang zu einer privat finanzierten Altersvorsorge sei eine Erhöhung der Sozialabgaben nahezu unumgänglich. Vor allem aber müssten die der Slowakei bis 2013 aus Brüssel zustehenden Gelder sorgfältig verteilt werden. Sollten die Sozialabgaben nicht erhöht werden, sei es vor allem Sache der Nationalbank, einer zu hohen Inflationsrate entgegenzuwirken; dabei sei allerdings schwer vorherzusagen, ob dadurch nicht das Wirtschaftswachstum gebremst werde.

Für die Wirtschaftspolitik empfiehlt Schmögnerová, sich vor allem auf die Förderung klein- und mittelständischer Unternehmen, die Schaffung eines "freundschaftlichen Umfelds" für Auslandsinvestoren sowie "korrekte Beziehungen zur Unternehmersphäre" zu konzentrieren. Dabei seien sicher nicht nur niedrige Löhne und Steuern Argumente für ein Engagement in der Slowakei. Vielmehr gelte es, Wettbewerb zu fördern, missbräuchlichen Praktiken entgegenzuwirken und die Märkte zu liberalisieren, aber auch effektive Regulierungsmechanismen einzusetzen.

"Konkurrenzfähigkeit"

Den bei Privatisierungen häufig ins Spiel gebrachten Begriff der "strategischen Unternehmen", die nicht verkauft werden sollen, deutet Schmögnerová als Unternehmen, die im allgemeinen Interesse liegende Dienstleistungen anbieten. Dabei gehe es möglicherweise um Unternehmen, die einst durch ein noch in der Meciar-Ära verabschiedetes Gesetz erfasst worden seien. Wachsamkeit sei bei den Stimuli für Investoren angebracht, bei denen In- und Ausländer künftig gleichbehandelt werden sollen. Ähnlich wie bei dem Begriff "Konkurrenzfähigkeit" sei hier bisher nichts konkretisiert worden.