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Slowakische Roma: Ab 2004 sank der Wille zur Reform

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Bericht der Friedrich-Ebert-Stiftung kritisiert Nachlassen der Anstrengungen. | Pressburg. Die slowakische Öffentlichkeit wurde in der vergangenen Woche mit einem schockierenden Video konfrontiert. Es zeigt sechs Polizisten, die in Koice sechs Roma-Kinder demütigen und malträtieren, weil sie eine Frau überfallen haben sollen. Die Polizisten wurden zwar unverzüglich vom Dienst suspendiert, das Problem der anhaltenden Diskriminierung der zweitgrößten Minderheit in der Slowakei aber bleibt, auch wenn zuletzt unter Schirmherrschaft des slowakischen EU-Bildungskommissars Ján Figel im Haus des Slowakischen Rundfunks erstmals der Preis "Gypsyspirit" verliehen wurde, mit der künftig herausragende Leistungen von Roma oder besonders gelungene Projekte zur Integration dieser Minderheit ausgezeichnet werden sollen. Nächste Woche legt die Friedrich-Ebert-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Slowakischen Gesellschaft für auswärtige Politik eine Studie zur Situation der Roma fünf Jahre nach dem Beitritt zur EU vor, die der "Wiener Zeitung" vorab vorliegt.


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Vorurteile

Die Autoren kommen zum Schluss, dass der "Europäisierungsdruck" vor dem Beitritt viel wirksamer gewesen sei als die Verpflichtungen aus der EU-Mitgliedschaft selbst. Nach dem EU-Beitritt seien vor allem die Öffnung von Arbeitsmärkten und Gelder aus EU-Fonds wichtig geworden, wobei die Fördermittel bisher nicht zu systematischen Änderungen genutzt würden und ihre Verwendung auch nicht evaluiert werde. Positiv sei aber der nachhaltige Druck europäischer Institutionen bei den Menschenrechten.

Es werde kaum etwas gegen die tief verwurzelten gesellschaftlichen Vorurteile gegen Roma unternommen. Die Integration der Roma gelte nicht als gesamtgesellschaftliches Problem und werde zudem von oben verordnet, ohne dass die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen reflektiert würden. Die Kommunikation zwischen den einzelnen Ebenen der öffentlichen Verwaltung sei ungenügend. Außerdem sei der Regierungsbeauftragte für Romafragen nur mit ungenügenden Vollmachten ausgestattet, die zuletzt sogar noch beschränkt worden seien.

Von einer politischen Repräsentation der Roma lasse sich bisher nicht sprechen. Die zahlreichen politischen Roma-Gruppierungen hätten sich nicht durchsetzen können. Die im Parlament vertretenen Parteien wiederum hätten kein Interesse an den Roma oder an Experten für die Roma-Problematik, da ein entsprechendes Engagement nach weit verbreiteter Auffassung nur "Minus-Punkte" bringe.