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Slowakischer Saubermann kommt in Verruf

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik

Ex-Parlamentspräsident Sulik bei Treffen mit dubiosem Unternehmer gefilmt.


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Bratislava. Der slowakische Ex-Parlamentspräsident Richard Sulik galt in den vergangenen Monaten als Glückspilz. Als einzige Partei der regierenden Mitte-Rechts-Koalition ist seine neoliberale Partei Freiheit und Solidarität (SAS) nicht in den Korruptionsskandal "Gorilla" verwickelt, der die Slowakei seit Monaten erschüttert. In der Akte "Gorilla" dokumentierte der Slowakische Informationsdienst (SIS) in den Jahren 2005 und 2006 zahllose Treffen führender Politiker und Manager, bei denen es um beispielsweise um die massive finanzielle Unterstützung von Parteien durch die Investmentgesellschaft Penta gegangen sein soll. Das hatte der kanadisch-britische Journalist Tom Nicholson aufgedeckt, dessen Noch-Ehefrau Lucia für die SAS als Staatssekretärin im Arbeits- und Sozialministerium fungiert. Die SAS wurde erst 2009 gegründet und gilt als Vorkämpferin für Transparenz in der Politik. Damit wurden ihr für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 10. März gute Erfolgschancen eingeräumt.

Seit einigen Tagen steht Sulik aber in der Sache "Sasanka" unter Druck. Vergangene Woche tauchte ein Video auf, das ihn in der Privatwohnung des Unternehmers Marian Kocner zeigt. Diesem werden Kontakte zur slowakischen Mafia nachgesagt, die Kriminalpolizei führt ihn sogar auf einer besonderen "Verdächtigenliste". Sulik berichtet Kocner beispielsweise davon, dass beim dritten Anlauf zur Wahl eines neuen Generalstaatsanwalts Stimmen von SAS-Abgeordneten für jeweils 300.000 Euro gekauft werden sollten.

Der Unternehmer erhebt nun schwerwiegende Vorwürfe gegen die SAS. Der frühere Penta-Partner Jozef Spirko soll den Wahlkampf der SAS mit 166.000 Euro unterstützt haben, ohne dass dies publik gemacht wurde. Sulik selbst will Kocner schon vor den Parlamentswahlen im Juni 2010 mehrfach getroffen haben. Der SAS-Vorsitzende beteuert, er kenne den Unternehmer über den früheren sozialdemokratischen Finanzminister Jan Pociatek, für den er unter dem früheren sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Robert Fico als Berater tätig war. Im Gespräch mit Kocner habe er herausfinden wollen, wer den Versuch zur Bestechung von SAS-Abgeordneten unternommen hatte. Einem Bericht der Tageszeitung "Sme" zufolge hat Sulik allerdings Mitglieder seiner Partei und einige seiner Kandidaten für die Parlamentswahlen im Juni 2010 auf Anraten Kocners ausgewählt. Die SAS erstattete Strafanzeige gegen den Unternehmer.

Bisher kann niemand erklären, wie die Aufnahme in Kocners Wohnung zustande kam. Viele vermuten, dass erneut die Nachrichtendienste die Hände im Spiel haben. Es wäre schon das dritte Mal seit November, dass maßgebliche politische Informationen über sie in die Öffentlichkeit gelangen. Im Herbst musste der von der SAS gestellte Verteidigungsminister Lubomir Galko seinen Hut nehmen, weil der militärische Abschirmdienst illegal Journalisten abgehört hatte. Der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für die Kontrolle der Geheimdienste Martin Fedor plädiert deshalb für eine Novelle des Gesetzes über die Geheimdienste. Der frühere Innenminister Robert Kalinak fordert eine bessere Kontrolle durch das Parlament.

Igor Matovic, das "enfant terrible" unter den Parlamentsabgeordneten, hat all das übrigens wieder einmal zu einer aufsehenerregenden Aktion inspiriert. Er empfiehlt nämlich den Vorsitzenden aller Parteien, die in den Nationalrat einziehen wollen, sich an einem Lügendetektor auf ihre Wahrhaftigkeit hin testen zu lassen. Er selbst verneint die Frage, ob er jemals Bestechungsgelder angenommen habe.