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"Slowenien droht griechisches Szenario"

Von Marijana Miljkovic

Politik
Das Sparprogramm treibt die Unzufriedenen auf die Straße.
© reu

Neue Protestwelle gegen Regierung Jansa begleitet Präsidenten-Stichwahl.


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Ljubljana. Die Protestwelle in Slowenien reißt nicht ab. Was vor wenigen Wochen als kleine Bewegung begann und sich vor allem gegen den wegen Korruption angeklagten Bürgermeister von Maribor richtete, wuchs sich mittlerweile zu einer landesweiten Protestwelle aus. Am Freitagabend, nur zwei Tage vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl, versammelten sich etwa 5000 bis 10.000 Menschen in der Hauptstadt Ljubljana und forderten den Rücktritt von Premier Janez Jansa. Im Vorfeld wurden Anweisungen gegeben, wie man Ausschreitungen vermeidet. Die Demo verlief bis zu Redaktionsende ruhig. Bei der Demo zu Beginn der Woche in Maribor war die Lage eskaliert, als einige Demonstranten das Rathaus stürmen wollten. Die Polizei steht nun in der Kritik, gewalttätig gegen die Aktivisten vorgegangen zu sein.

Die Slowenen sind unzufrieden mit dem harten Sparkurs von Jansas Mitte-Rechts-Regierung, die starke Kürzungen im Sozialbereich vorsieht. Die Krise, in der sich das Land befindet, wurde hauptsächlich von Banken verursacht, die zum Großteil in staatlichem Eigentum sind und deren Anteile die Regierung nicht loswird. Inzwischen stapeln sich die faulen Kredite.

Jansa aber sieht die Proteste in Zusammenhang mit der Präsidentenstichwahl - am Sonntag treten die zwei Links-Politiker Danilo Türk und Borut Pahor in einer Stichwahl gegeneinander an. "Statt eines interessanten Zweikampfes der Kandidaten, von denen wir Vorschläge für eine bessere Zukunft erwartet haben, wurde die Aufmerksamkeit der Wähler ganz woanders hin gelenkt", klagte Jansa. Slowenien drohe ein "griechisches Szenario", wenn die Straßenproteste und Gewaltbereitschaft weitergingen. Das Land sei schon wegen der Krise "in Benzin getränkt", ein einzelnes Zündholz könnte es entzünden, meint der Premier. Gewalt und organisierte Gruppen, die bei den Demonstrationen Polizisten angreifen, würden ein schlechtes Bild von Slowenien im Ausland zeichnen.

Die wirtschaftliche Lage Sloweniens ist tatsächlich düster: Das Bruttoinlandsprodukt ging im dritten Quartal um 3,3 Prozent zurück, womit das Land in die Rezession gerutscht ist, die zweite innerhalb von drei Jahren. Alle Kennzahlen, die für einen Aufschwung verantwortlich sind, gingen ebenfalls zurück: Nachfrage, Konsum und Exporte.

Pahor fordert Türk heraus

Die Protestwelle könnte sich jedoch positiv auf die Wahlbeteiligung am Sonntag auswirken, obwohl der Präsident in Slowenien keinen Einfluss auf die Tagespolitik nimmt, sondern nur repräsentative Aufgaben hat. Borut Pahor jedenfalls werden die besseren Chancen eingeräumt. Pahor, der laut Umfragen auf bis zu 65 Prozent kommen könnte, hatte im ersten Durchgang überrascht. Er landete vor Amtsinhaber Danilo Türk, der schon als Sieger galt. Während Türk, dem nun 35 Prozent vorausgesagt werden, die Demonstrationen klar unterstützt, ist Pahor zurückhaltend. Er tritt für eine stabile Regierung im Interesse des Staates ein. Diese Haltung dürfte ihm die Stimmen der rechten Wähler sichern. Ihr eigener Kandidat hatte es nicht in die Stichwahl geschafft.