)
Haus der Geschichte fix in Neuer Burg: Kulturminister Ostermayer (SPÖ) lässt alle in der Hofburg enger zusammenrücken, Staatssekretär Mahrer (ÖVP) plädiert für ein zusätzliches Haus der Zukunft als Neubau am Heldenplatz.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Ein kleines beziehungsweise mittelgroßes Haus der Geschichte würde es werden, präzisierte Historiker Oliver Rathkolb die Frage nach der vorgesehenen Größe für das geplante neue Haus der Geschichte. "Small bis medium." Rathkolb, der den Vorsitz des internationalen Beirats für das Republik-Projekt innehat, sitzt im Medienpublikum und liefert Antworten nach, wenn Kulturminister Josef Ostermayer und Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer nicht weiter wissen. Präsentiert wurde am Mittwoch die Umsetzungsstrategie. Größe, Zeitplan, Nebenwirkungen für andere Sammlungen und die größeren Visionen wurden einmal mehr vorgestellt. Fix ist nun der Standort: Das Haus der Geschichte soll bis 2018 in der Neuen Burg am Heldenplatz entstehen.
Neben allen anderen Vorschlägen und Diskussionsrunden über den idealen Standort und Inhalt ist nun endgültig entschieden, dass das neue Haus der Geschichte, über dessen Realisierung seit Jahrzehnten eine Debatte läuft, in der Hofburg untergebracht wird.
Rund 3000 Quadratmeter
Im 1. Obergeschoß der Neuen Burg wird sich mit 2260 Quadratmetern der größte Teil des Hauses der Geschichte befinden. Im Mezzanin bekommt das Museum 120 Quadratmeter und im Hauptgeschoß beim Eingangsbereich 540 Quadratmeter. Insgesamt erhält es 2920 Quadratmeter.
Das Haus der Geschichte soll zwar rein rechtlich an die Österreichische Nationalbibliothek "angedockt sein", wird aber laut Ostermayer einen eigenen Direktor, ein eigenes Budget, einen eigenen wissenschaftlichen Beirat und Publikumsbeirat haben. Der Expertenvorschlag umfasst die Etablierung einer eigenen Sammlung.
Das derzeit im Umbau befindliche neue Weltmuseum (früheres Völkerkundemuseum) musste schon am Anfang der Diskussion, als vor einem knappen Jahr der Standortvorschlag publik wurde Federn lassen. Seine Fläche wurde zugunsten des neuen Museums reduziert. "Wir haben die Raumnutzung optimiert", so Ostermayer in Richtung Weltmusem-Direktor Steven Engelsman.
Große Aufregung gab es im Vorfeld um die Sammlung alter Musikinstrumente. Noch vor kurzem hätte diese ausweichen müssen, was für Sammlungsdirektor Matthias Pfaffenbichler nicht gut vorstellbar war. Nun wurde - wie durch ein Wunder - doch noch genügend Platz gefunden, um sowohl die Musikinstrumente als auch das Haus der Geschichte unterzubringen. Die Instrumentesammlung wird von 1900 auf 1600 Quadratmeter reduziert und künftig teils im 1. Obergeschoß und im Mezzanin gezeigt.
Eröffnung 2018
Von Anfang an stand auch die Neugestaltung des gesamten Heldenplatzes im Raum. Eine Tiefgarage, ein Bücherspeicher, die Neugestaltung des Burgtors stehen im Raum. Mahrer weist auf ein Projekt hin, welches ihm persönlich vorschwebt: Ergänzend zum Haus der Geschichte sollte ein Haus der Zukunft gebaut werden. Ein Neubau am Heldenplatz. "Österreich lebt von seiner Vergangenheit (...) aber es ist für die Zukunft des Landes zu wenig", so Mahrer.
Die Zukunft des historischen Hauses sieht zumindest vor, dass am 14. September die Steuerungsgruppe tagen wird. Dann gehe es um Kostenschätzungen. Auch eine Änderung des Bundesmuseengesetzes ist notwendig. "Ziel ist, dass wir im November 2018 fertig werden. Dieses Ziel ist extrem ambitioniert", so der Minister.
Skeptisch zeigen sich die Kultursprecher von FPÖ, Grüne und Neos. Walter Rosenkranz (FPÖ) kritisierte, dass das Weltmuseum beschnitten und die Sammlung alter Musikinstrumente "verräumt" würde. Wolfgang Zinggl (Grüne) kritisiert die weiterhin ungeklärte Kostenfrage. Und Beate Meinl-Reisinger (Neos) spricht sich für einen Neubau etwa am Hauptbahnhof aus. "Die Sparversion eines Haus der Geschichte auf nur 3000 Quadratmetern in der historisch aufgeladenen Hofburg ist eine bittere Entscheidung und unterstreicht die Perspektivlosigkeit österreichischer Kulturpolitik", sagt sie.
Der inhaltliche Hauptschwerpunkt des Hauses der Geschichte soll der Zeitraum 1918 bis heute sein, jedoch ausgehend vom Jahr 1848. Knapp 100 Seiten umfasst die gestern, Mittwoch, vorgestellte Umsetzungsstrategie für das "Haus der Geschichte". Für die geplante Dauerausstellung werden drei Längsschnittthemen präsentiert. Die Themen lauten "Demokratieentwicklung und ihre Bruchlinien", "Kriege, Gewalterfahrungen und Friedensbewegungen" und "ÖsterreicherInnen im Holocaust und in der
nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik - Opfer und TäterInnen".
Anhand von acht Perspektiven sollen "Auswirkungen dieser tief greifenden Umbrüche auf die österreichische Gesellschaft" gezeigt werden. Sie lauten: "Migration als Triebfeder und Konfliktpunkt der österreichischen Gesellschaft: Aus-, Binnen- und Einwanderung, Arbeitsmigration seit 1850 zwischen Assimilation, Konflikten, Zugehörigkeiten und Mehrfachidentitäten in den Globalisierungsphasen", "Medien und Kommunikation im öffentlichen Raum", "Zwischen Innovation, Krisen, Zerstörung und nachhaltigem Wachstum: von der Ringstraßenzeit zur sozialen Marktwirtschaft im fünftgrößten Industriestaat der EU. Ökonomische Trends, Industrie-, Wirtschafts- und Finanzpolitik und die Suche nach einem Weg zwischen den Globalisierungsphasen", "Kunst, Kultur und Wissenschaft von der ersten zur zweiten Moderne: Kreativität und Sprengkraft der ersten Moderne vor 1918 und Kontinuitäten und Brüche in der Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts auf dem Weg zur zweiten Moderne seit den 1980er-Jahren", "Internationale Politik und Transfers anders gesehen", "Permanente Verhandlung der sozialen Frage", "Österreichische Erinnerungsorte - HeldInnen, Mythen, Schlüsselereignisse und ihre "Leerstellen" in der europäischen Perspektive", "Zukunftsutopien von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart". Unter dem Titel "Ouvertüre" finden sich im Konzept zwei grundsätzliche Fragestellungen: "Who are ,the‘ Austrians? Woher kommen die Österreicher?". Die zweite Fragestellung setzt sich mit "Identitäten und Symbolen" auseinander: "Die Ausformungen konstruierter nationaler "Identitäten" im späten 19. Jahrhundert sollen hier ebenso dargestellt werden wie die eigentliche kleinstaatliche Identitätskonstruktion nach 1945.
Die Inhalte: Demokratie, Krieg und identität