Bis 2014 kommt Einführung digitaler Stromzähler. | Gefahr: Gläserner Energiekunde. | Wien. Die klackende Schreibmaschine wurde durch den Computer abgelöst, das Wählscheiben-Telefon durch das Handy. Nun feilt auch die Elektrowirtschaft an einem Generationenwechsel: Der korpulente, dunkle Stromzähler, der in nahezu jedem Haushalt vertreten ist, soll laut EU-Vorgaben bis 2014 durch einen intelligenten - digitalen - Zähler ersetzt werden.
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Tarif für Single-Haushalt
Derzeit erhält ein Stromkunde einmal jährlich nach einer manuellen Zählerablesung seine Rechnung für die gesamte Verbrauchsmenge. Welches Haushaltsgerät zu welcher Zeit der größte Energiefresser war, geht daraus nicht hervor. Das soll sich ändern. Die EU-Richtlinie über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen aus dem Jahr 2006 sieht vor, dass Endkunden in Zukunft umfassender über ihren Energieverbrauch informiert werden müssen. Dies soll den Energieverbrauch eindämmen, so das EU-Ziel.
Die Antwort der Stromversorger lautet "Smart Metering": Ein digitaler Messzähler erfasst den Energieverbrauch. Da die Daten automatisch vom Zählerstand im Haushalt zum Netzbetreiber übertragen werden, fällt das händische Ablesen weg. Der Betreiber macht die Daten für den Konsumenten zugänglich - entweder via Internet, schriftlich oder per Handy.
Otto-Normalverbraucher kann zudem feststellen, ob der eingeschaltete Geschirrspüler ein Stromfresser ist oder wie sich das Ausschalten sämtlicher Stand-by-Funktionen auf den Verbrauch auswirken. Da der intelligente Zähler darüber hinaus misst, zu welcher Zeit wie viele Kilowattstunden verbraucht werden, könnten auch neue Tarifmodelle an Bedeutung gewinnen, so die Stromanbieter. Neben tageszeitabhängigen Stromtarifen seien auch Spezialtarife für Single-Haushalte oder Wochenendhäuser vorstellbar.
Ein weiterer Vorteil für Konsumenten: Das Detailwissen über den eigenen Energieverbrauch vereinfacht es, die Angebote unterschiedlicher Betreiber zu vergleichen. Derzeit sind in Österreich 5,5 Mio. mechanische Stromzähler eingebaut. Geht es nach Walter Boltz, Chef des Energie-Regulators E-Control, sollen diese Geräte flächendeckend bis 2014 ausgetauscht werden. Die 1,35 Millionen Gaszähler - für diese ist die Installierung laut Boltz komplizierter - werden bis 2016 folgen. Die Investitionssumme wird auf rund 1 Mrd. Euro geschätzt.
Gläserner Energiekunde
Wer diese Kosten allerdings trägt und wie der Aufbau der Kommunikationsnetzwerke technisch in die Praxis umsetzbar ist, ist noch ungeklärt. Offen ist auch, ob die neuen Zähler möglicherweise gleich den Wasser-, Öl- oder Fernwärmeverbrauch der Haushalte miterfassen. Ein großes Fragezeichen steht weiters hinter dem Datenschutz.
Kritiker warnen davor, dass der Kunde zum "gläsernen Energiekunden" wird. Das Risiko: Die missbräuchliche Auswertung der Verbrauchsdaten gestattet Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten der Menschen - vom Aufstehen bis hin zum Verreisen.
Auch Manipulationsgefahr steht im Raum. Laut amerikanischen Studien könnten Hacker die Stromzufuhr in den Haushalten unterbrechen oder den Energieversorgern einen gesteigerten Strombedarf vorgaukeln.
Bis Ende des Jahres wollen Vertreter der Energiebranche all diese Eckpunkte konkretisieren. Läuft alles nach Plan, kommt Anfang 2010 die rechtliche Umsetzung in der entsprechenden Verordnung.
Was hierzulande noch wie Zukunftsmusik klingt, ist in Italien, Schweden, Finnland, den Niederlanden Kanada oder den USA bereits umgesetzt. In Deutschland sind intelligente Zähler lediglich bei Neubauten und bei Totalsanierungen ab 2010 Pflicht.