Dass die Spekulationen über seinen Rücktritt überhaupt erst angefangen haben, daran trägt Tony Blair selbst Schuld. Als der britische Premierminister und Labour-Vorsitzende vor zwei Jahren im Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen andeutete, eine dritte Regierungsperiode noch vollständig durchzuhalten, jedoch zu einer vierten nicht mehr antreten zu wollen, fingen die Minister an, über einen Nachfolger nachzudenken.
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Und dass dieser neue Parteiführer nicht unmittelbar vor den nächsten Parlamentswahlen, die erst 2010 stattfinden, eingesetzt werden konnte, war bald jedem klar. Blair musste seinem Nachfolger auf jeden Fall Zeit genug geben, sein Profil in der Öffentlichkeit zu festigen, wenn Labour weiterhin an der Regierung bleiben wollte. Also muss er noch während dieser Regierungsperiode abdanken.
Seit zwei Jahren setzt Tony Blair alles daran, die Demissionsgerüchte zu stoppen. Doch einmal ausgesprochen, hängt das Wort Rücktritt unweigerlich in der Luft. Dass seine Popularität seit dem Militärengagement im Irak rasant abgenommen hat, ist ein starkes Argument der parteiinternen Gegner, einen baldigen Abgang zu verlangen. Verzweifelt versuchen Blairs Anhänger, die Erfolge der Vergangenheit ins Gespräch zu bringen - das verbesserte Gesundheitssystem, die Schulreform. Doch einzig interessant bleibt: Wann geht ER?
Und nun bestätigen auch seine treuesten Anhänger, darunter Kabinettsministerin Hilary Armstrong und Umweltstaatssekretär David Milliband, dass Blair bis spätestens Ende Juli 2007 zurücktreten werde. Doch der Premierminister selbst bleibt stumm.
Auf diese Weise umgeht er wohl die peinliche Situation, selbst einen vorzeitigen Rücktrittstermin verlautbaren zu müssen. Trotzdem sollen aber jene zufrieden gestellt werden, die endlich wissen wollen, wann das Land eine neue Führung bekommen wird.
Viele Minister geben sich mit dieser indirekten Abdankung aber nicht zufrieden. In einem offenen Brief verlangen sie nichts weniger als eine persönliche Erklärung Blairs. Und zwar mit genauem Rücktrittstermin, am besten in allernächster Zukunft. Derzeit sei die Partei gelähmt, der Premier eine "lahme Ente".
Eine Spaltung der Partei droht. Jene, die schon gerne Gordon Brown in der höchsten Position des Landes sähen, werden beschuldigt, mit den jahrelangen Rücktrittsgerüchten einen Coup gegen Blair gelandet zu haben. Browns Gegner hingegen stehen unter dem Verdacht, Zeit gewinnen zu wollen, bis ein Alternativ-Kandidat zu Brown gefunden ist. Währenddessen freuen sich die Tories über die Differenzen innerhalb der Regierungspartei: "Labour ist am Schmelzen."
Gerne würde Tony Blair seinen Posten unter euphorischen Beifallsstürmen für seine Reformen verlassen. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass ein erleichtertes Aufatmen durch die Menge gehen wird, wenn sich "Smiling Tony" endlich aus den Regierungsgeschäften zurückzieht.