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Falls Sie zwischendurch auch vormittags die Gelegenheit haben, fernzusehen, sollten Sie CNN einschalten. Dort bietet sich um 10 Uhr von Montag bis Freitag immer das gleiche faszinierende Bild: Ein die Arme fest verschränkender Larry King, im blitzblauen Hemd und den obligaten Hosenträgern, starrt insistierend durch seine riesigen Brillengläser in die Kamera. Rechts davon, man bemerkt es kaum, sitzt meist ganz zahm der Inbegriff der Berühmten, Reichen und Mächtigen.
Nicht umsonst wird der 69-jährige Talkmaster, der in den letzten 45 Jahren alle, von den Kennedys bis zu den McCarthys, reden ließ, als "Muhammad Ali des Fernsehinterviews" tituliert. Nur, dass sich King nie für das gängige Bild der schlagkräftigen Journaille hergegeben hat. Lieber mimt er den alten Uhu, der in all den Jahren noch immer nicht weiser geworden ist. Denn die wirklich schlauen, kritischen Fragen kommen von den Anrufern, falls der Meister nicht dazwischengeht und abwürgt. Kings professionelle Grundsätze sind nun einmal so dehnbar wie seine Hosenträger.
Auch sind nur wenige amerikanischer als King. Das erkannte auch Arnold Schwarzenegger kürzlich bei seinem Auftritt und spielte das Spiel hervorragend mit. Tatsache ist, dass die deutschen Plauderer im Vergleich zu Larry King blass aussehen. King ist ihnen eben Lichtjahre voraus, wenn es um die exklusive Vermarktung von Leib und Seele geht. Da hat weder "Fliege" (ARD) eine Chance, er wirkt in den Vormittagsstunden noch grau und etwas fahrig, noch die etwas "autoritären" Begegnungen mit Böttinger ("B. trifft . . .") auf 3sat. Die sind eben wie sie sind und nicht mehr.