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So finden auch Asylwerber Arbeit

Von Emanuela Hanes

Politik

"Die meisten wollen arbeiten, damit das ewige Warten erträglicher wird." | Die "Kursangebote von Asylwerbern, Migranten und Asylberechtigten". | Wien. Der Verein "Kursangebote von Asylwerbern, Migranten und Asylberechtigten" (Kama) bietet seit 2007 Arbeitsmöglichkeiten für diejenigen, die ansonsten nicht arbeiten dürfen. Asylwerber haben oft keine oder eine nur eingeschränkte Arbeitserlaubnis und müssen auf ihre Arbeitsbewilligung warten - häufig jahrelang. Kama dient als Plattform, über die Menschen mit Arbeitsverbot ihre Fähigkeiten in Kursen umsetzen. Die erzwungene Wartezeit bis zum Asylbescheid können sie so mit sinnvollen Aktivitäten füllen.


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Bereits bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im Verein Ute Bocks wurde Sonja Pargfrieder klar, dass viele Asylwerber besonders darunter leiden, nicht arbeiten zu dürfen. "Die meisten wollen arbeiten. Dabei geht es ihnen gar nicht um das Geld. Sie wollen eine Beschäftigung, um wieder etwas zu tun und das ewige Warten erträglicher zu gestalten", erklärt die Gründerin des Vereins. Diese Möglichkeit haben die Asylwerber bei Kama, wo sie - ohne angestellt zu sein - Kurse anbieten. Auf der Homepage von Kama können die Kurse gebucht werden. Sie decken das ganze Spektrum von Tanz-, Sing-, Koch-, Sprach-, Sport- und Kunstunterricht ab. Bezahlt werden die Asylwerber über die Spenden der Teilnehmer: "Fixkosten gibt es nur für Materialaufwand. Darüber hinaus kann jeder anonym in die Kursleiter-Kasse legen, wie viel er möchte", so Pargfrieder. Damit richtet sich der Verein nicht nur an sozial Interessierte, sondern auch an Menschen, die selbst in prekärer finanzieller Situation sind.

Als Kursleiter kommen Asylwerber in eine Position, in der sie etwas können. Das schafft Selbstbewusstsein und ermöglicht den Aufbau von Netzwerken. Auch der Austausch mit den Kursteilnehmern ist immens wichtig. In der Asylmaschinerie waren die Leiter nur Nummern, in den Kursen erfahren sie positives Feedback über sich selbst als Menschen.

"Uns beeindruckt sehr die Verbesserung der Stimmung eines Leiters, der längere Zeit Kurse anbietet. Die geregelte Tagesstruktur und die menschlichen Kontakte sind für die Psyche sehr wichtig", erklärt Pargfrieder. Zugleich lernen Kursteilnehmer Menschen kennen, die in der Gesellschaft stigmatisiert und marginalisiert werden. Am wichtigsten sind solche Erfahrungen, weil sie Distanz abbauen. Die Kursteilnehmer merken plötzlich, wie real ein Abschiebungsverfahren ist, wenn der nette Kursleiter erzählt, er wird nächste Woche nicht mehr da sein. Das Projekt entreißt alle Beteiligten der Anonymität.

In regelmäßigen Touren durch Asyleinrichtungen werden Interessenten über Kama informiert. "Wir ermuntern alle, die sich das zutrauen, ein Konzept mit uns auszuarbeiten. Es ist immer wieder erstaunlich, was für Fähigkeiten zutage kommen." Ein Auswahlverfahren gibt es nicht, nur das Interesse der Kursteilnehmer bestimmt über den Erfolg eines Kurses. "Manchmal haben wir wunderbare Angebote, doch wenn sich niemand anmeldet, kann der Kurs nicht stattfinden", bedauert Pargfrieder. Generell ist das Problem die relativ niedrige Zahl der Teilnehmer, die das Angebot beschränkt. Momentan gibt es etwa 20 Lehrer, Tendenz steigend.

Dauerbrenner sind die verschiedenen Kochkurse

Alaa Alkurdi hatte bereits eine Galerie in Damaskus. Dann begegnete der palästinensische Syrer seiner jetzigen Frau und folgte ihr nach Österreich. Nun bietet er Kunstkurse bei Kama an. "Ich habe schon in Damaskus spontan kostenlose Kurse für Kinder angeboten. Begonnen habe ich mit fünf Kindern, und zum Schluss waren es mehr als 50." So entdeckte Alkurdi seine Leidenschaft fürs Lehren. Am besten gefalle ihm an Kama die unkomplizierte Prozedur und die Spontanität, mit der Kurse realisiert werden können.

Kochkurse sind sehr beliebt und schnell ausgebucht. Das Angebot ist sehr breit, von indischer bis zu afghanischer Küche. Was angeboten wird, hängt davon, woher die Asylwerber kommen. Shakib und seine Frau Farona präsentieren die afghanische Küche mit viel Humor. Am Ende wird das Essen wie ein Festmahl angerichtet. Was die Teilnehmer des indischen Kochkurses mit Kumar besonders schätzen, sind die Zusatzinformationen, die sie über Feste und Traditionen bekommen.

Die Mitarbeiter von Kama sind alle ehrenamtlich tätig. "Die Mitarbeit bei uns ist interessant, weil unser Projekt viel Freiheit bietet und jeder seine Fähigkeiten mit einbringen kann", so Pargfrieder. Das Ausmaß der Mitarbeit ist flexibel, auch Berufstätige können abends bei den Kursen mithelfen. Gloria S. arbeitet für Kama, weil "das Fremdenrecht, wie es zurzeit besteht, inakzeptabel ist und sich immer weiter verschärft. Und von staatlicher Seite gibt es nichts Vergleichbares in diesem wichtigen Tätigkeitsfeld." Birgit Lehner, die bei Kama ihr dreimonatiges Berufspraktikum absolviert, ist begeistert. "Was mir gefällt, ist die Selbständigkeit und die Möglichkeit, voll mitarbeiten zu können. Es ist aber auch viel Verantwortung dabei."

"Die Finanzierung ist ein Riesenproblem. Wir finanzieren uns rein über Privatspenden, und es ist ein Kampf von Monat zu Monat. Wir haben zwar keine Mitarbeiterkosten, aber die Fixkosten für die Büro- und Kursräumlichkeiten sind hoch genug", erläutert Pargfrieder. "Wir wollen aber auch keine öffentlichen Gelder beanspruchen, weil damit zu viele Auflagen einhergehen. Der Aufwand ist sehr groß und letzten Endes ist man wieder in dem System drin, das man verändern will." Aus diesem Grund werden immer wieder Spendenaufrufe und Solidaritätsfeste veranstaltet.

Kama bietet auch Workshops für Volksschulen an. Dabei werden in der Volksschulklasse mit Asylwerbern und Kama-Mitarbeitern Integration, Interkulturalität und Rassismus spielerisch thematisiert.

www.kama.or.at