Aus Abfallprodukten werden Gebrauchtwaren - der Trend zu Second Hand und Reparieren statt Wegwerfen schont wertvolle Ressourcen.
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Was bei hochpreisiger Kleidung und teuren Accessoires gang und gäbe ist, setzt sich langsam auch in anderen Konsumsparten durch: Second Hand. Immer mehr kaufen teure Mode, Möbel oder Elektrogeräte gebraucht. Spezielle Internet-Plattformen boomen und vernetzen Privatpersonen, die sich von funktionstüchtigen Dingen trennen wollen, und solche, die dafür Verwendung haben. Mehrfach genutzt werden aber nicht nur Second-Hand-Artikel. Defekte Geräte erhalten in Reparaturcafés, die es landesweit gibt, eine zweite Chance. Unter fachkundiger Anleitung wird bei Kaffee und Kuchen repariert, was sonst auf dem Müll gelandet wäre.
Der Trend von der Entsorgung zur Wiederverwendung wird in Fachkreisen als Re-Use bezeichnet und ist ein wichtiger Baustein im österreichischen Abfallvermeidungsprogramm. Was im privaten Bereich gut funktioniert, soll auch auf Bundesländer-Ebene einen Beitrag dazu leisten, Abfall zu reduzieren, Gebrauchsgegenstände länger und Ressourcen damit effizienter zu nutzen. In sieben Bundesländern gibt es bereits Re-Use-Netzwerke, die in den nächsten Jahren ausgebaut werden sollen. Gefördert werden sozioökonomische Betriebe, die die Reparaturen übernehmen und die erneuerten Geräte danach verkaufen. In Wien koordiniert die Stadt selbst das Netzwerk, über das Interessierte qualifizierte Reparaturbetriebe finden und an Workshops und Reparaturkursen teilnehmen können. In Oberösterreich wurde im Sommer 2009 mit der sogenannten ReVital-Sammlung ein System für "sozioökonomisches" Re-Use eingerichtet. In ausgewählten Altstoffsammelzentren werden wiederverwendbare Altwaren getrennt gesammelt. Danach werden sie in qualifizierten Einrichtungen, etwa in den Werkstätten der Volkshilfe, aufbereitet und an die Verkaufsstellen der ReVital-Partner, vorwiegend beschäftigungsfördernde Organisationen, geliefert. ReVital wird in Oberösterreich derzeit flächendeckend ausgebaut. In Burgenland, Salzburg, der Steiermark und Tirol haben die Netzwerke noch Pilotcharakter oder stehen kurz davor, ausgebaut zu werden. In Vorarlberg ist das Netzwerk auf Elektroaltgeräte fokussiert.
Über die Mengen, die für Re-Use gesammelt werden, gibt es nur vereinzelt Daten. Das aktualisierte Abfallvermeidungsprogramm, das im 2017 veröffentlicht wird, sieht eine bundesweite Erhebung der Re-Use-Mengen vor. Fest steht, dass es ein großes Potenzial gibt. Laut dem Vorarlberger Re-Use-Netzwerk fallen in diesem Bundesland allein bei Elektrogeräten 165 Tonnen pro Jahr an wiederverwendbaren Produkten an. In Oberösterreich wurden 2014 rund 1100 Tonnen an Abfällen für Re-Use und 3580 Tonnen an Alttextilien, Schuhen und Druckerpatronen gesammelt.
Eine zentrale Rolle spielt bei diesen Initiativen die kommunale Abfallsammlung. Sie soll nicht nur Güter liefern, sondern auch informieren und aufklären. Die Bundesländer gehen dabei unterschiedliche Wege. Die Palette der Ansätze reicht von Re-Use-Sammeltagen in Altstoffsammelzentren, über Re-Use-Boxen, die kostenlos ausgeben und im Altstoffsammelzentrum abgegeben werden können, bis hin zur Netzwerkbildung und Erfahrungsaustausch. Die Vorteile von Re-Use für Gemeinden und Abfallsammelzentren liegen in der längeren und besseren Nutzung von abgegebenen Geräten und Gegenständen (höherer Ertrag als durch Recycling) und in zusätzlichen Arbeitsplätzen.
Bei allen Vorteilen von Re-Use bestehen in der Umsetzung aber auch offene Fragen. Wie sollen Mitarbeiter der Abfallsammelzentren zwischen Abfall und potenziellen Re-Use-Produkten unterscheiden? Kriterien und Handbücher, die diese Unterscheidung erleichtern sollen, werden derzeit ausgearbeitet. Im Burgenland wurden Recyclinghof-Mitarbeiter im Rahmen der jährlichen Fortbildung über das Thema informiert. Bei Elektrogeräten stellt sich etwa die Frage, wer die Gewährleistung übernimmt. Wer haftet, wenn das erworbene Gerät defekt ist? Sowohl die Abfallsammelzentren als auch die sozioökonomischen Betriebe bewegen sich hier in einem rechtlichen Graubereich.
Auch wenn noch einige Fragen offen sind: Re-Use stärkt die Dienstleistung Reparatur und bietet eine Alternative zur Wegwerfkultur. Sie ist, neben der Abfallvermeidung, ein wichtiger Baustein zur Ressourcenschonung. Und nicht nur das: Damit das Abfallaufkommen reduziert werden kann, braucht es das Bewusstsein, dass wir den Ressourcenverbrauch künftig deutlich verringern und vorhandene Ressourcen effizienter nutzen müssen. Auch dazu leistet Re-Use einen Beitrag.