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"Das Klischee sagt: Afrikaner sind Drogendealer, Drogenkuriere, Taxifahrer und Tellerwäscher".
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Wien. "Bunte Kleider" würden sie tragen und "tolle Stimmen" haben, "den Rhythmus im Blut" und ein "ausgesprochenes Temperament". Afrika sei ein Land und kein Kontinent, alle Afrikaner bitterarm. An europäischen Frauen haben sie nur Interesse, sofern sie einen Aufenthaltsstatus besorgen können. Ihre Lieblingsjobs: Drogendealer und Drogenkurier, Taxifahrer und Tellerwäscher.
Was in den Worten des Kabarettisten Simplice Mugiraneza alias "Soso" nach dem zweiten Hinhören vielleicht recht amüsant klingt, ist leider für viele Afrikaner traurige Realität. Der 30-jährige Mann aus Burundi nimmt in seinen Stücken rassistische Vorurteile aufs Korn und zeichnet ein - so manch Afrikanern wohlbekanntes - Klischee nach, das er in seiner mittlerweile zwölfjährigen Aufenthaltszeit in Österreich am eigenen Leib erleben durfte.
Das Motto: Mit Schmäh gegen den Rassismus
Sosos Witze erzählen Geschichten und sie provozieren mit Alltäglichem. Geschichten von Passanten auf der Wiener Mariahilfer Straße, die einem Afrikaner nicht einmal die Hand schütteln wollen, weil sie "nichts angreifen wollen, das schwarz ist", während sie gleichzeitig an ihrer Chiquita-Banane kauen.
Der Alltag in vollgepferchten Kärntner Landbussen, in denen im Radius von vier Reihen alle Sitze leer bleiben, weil neben "dem Schwarzen" niemand sitzen will. Oder der stets vorsorglich gepackte und neben der Wohnungstür deponierte "Abschieberucksack". Da bleibt einem vor lauter Betroffenheit schon einmal das Lachen im Hals stecken. Mit einem Wort, ein ungewöhnliches Programm, doch der Künstler scheint sich das alles sorgsam durchdacht zu haben.
Seit etwa vier Jahren macht Soso Kabarett. Jüngst feierte er mit "Schmäh kontra Rassismus" im Wiener Interkulttheater seine Premiere. In der vergangenen Staffel der ORF-Talenteshow "Die große Comedy-Chance" schaffte er es sogar unter die Finalisten. "Offenbar gibt es Bedarf nach schwarzem Humor", meint der Wahlwiener lachend. Wichtiger als an Ungerechtigkeiten zu zerbrechen, ist es ihm, seinen Humor zu bewahren. Das würde laut Soso "sein" Afrika jedenfalls viel authentischer repräsentieren als jede Afrika-Veranstaltung mit Busch-Tänzen und exotischem Essen.
"Ich kann nicht verstehen, warum alles, was ein Afrikaner tut, unbedingt mit dem Kontinent Afrika in Verbindung gebracht werden muss. Ich bin jedenfalls mehr Österreicher als alles andere - und das versuche ich dem Publikum durch meinen Humor zu zeigen", sagt der junge Artist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Am 29. Oktober wird er im Rahmen einer Veranstaltung seinen "Schmäh gegen Rassismus" präsentieren und dabei die Premiere seines One-Man-Showkabaretts vorstellen: Bei freiem Eintritt widmet sich die Veranstaltungsreihe "So ist Afrika! - Was Sie schon immer über Afrika wissen wollten" bis zum 5. November dem "typischen Afrika", wie Soso erklärt. In einem interdisziplinär angelegten Projekt sollen Stereotype und Klischeebilder von Afrikanern in Medien und Alltag hinterfragt werden. Kritisch, aber mit Humor, denn Humor - so Kurator und Kulturreferent Sédjro Mensah - ist der einzige Ausdruck den alle Menschen der Welt miteinander teilen und verstehen können. Lachen, der meistgeteilte Gesichtsausdruck den man kennt. Podiumsdiskussionen, Kabaretts, Videoabende und Führungen durch die Ausstellung setzen sich mit altbekannten Klischees auseinander.
Stadtbücherei als zentraler Ort für Integration
Der Schwerpunkt wird auf die mediale Darstellung von Afrika gelegt und soll insbesondere Jugendlichen kritische Medienrezeption näherbringen.
Als Ausstellungsort wurde die Städtische Bücherei Philadelphiabrücke gewählt - ein Ort, der sich mehrfach ideal für die Präsentation der Arbeiten eignet. "Wir haben hier einen Durchlauf von etwa 1200 Menschen täglich", erzählt Elisabeth Wallner, Verantwortliche für zahlreiche Projekte der Städtischen Bücherei Philadelphiabrücke. "Durch die gute Verkehrsanbindung kommen auch viele Asylwerber, vor allem Jugendliche, aus den nahegelegenen Flüchtlingsheimen zu uns. Sie nutzen die Bücherei als Aufenthaltsort zum Lesen und als Internetzugang."
Seit Jahren hat die Bücherei zudem einen Jugendschwerpunkt in Literatur und Medien. Emanzipative Medienkompetenz ist für Wallner als Pädagogin in der Bücherei besonders wichtig - so lehrt sie in ihrer Bücherei auch Medienkompetenz für Schulklassen. Mediale Inhalte sollen dabei kritisch unter die Lupe genommen werden. Denn der Ort Bücherei eignet sich für mehr als nur zum Lesen und Bücher-Ausborgen, ein Ruheort für Bildung und Integration soll er sein. Zum Hausaufgabenmachen und zur Recherche und Auseinandersetzung mit Literatur soll er dienen. Eigens dafür wurde der hintere Raum der Bücherei zu einer Lernbereich umgestaltet. Mit selbstverwalteten und für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellten PCs und Ruheecken. Denn früh übt sich.