Glaubt man einschlägiger Literatur oder Aussagen aus Politik und Wirtschaft, so werden die so genannten "Soft skills" in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. Aber sind diese langläufig als typisch weiblich titulierten Eigenschaften wie Einfühlsamkeit oder Kommunikationsfähigkeit wirklich die Geheimwaffen der Frau auf ihrem Weg in die Chefetage?
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Oder anders gefragt: Kann frau sich auf ihren "weichen" Attributen wie auf Vorschuss-Lorbeeren ausruhen? Sicher nicht, meint Juliane Mikoletzky, Vorsitzende des Arbeitskreises Gleichbehandlungsfragen des TU-Senates. Soft skills alleine seien keine Karriere-Garantie. Mikoletzky bezweifelt außerdem, dass die Wirtschaft tatsächlich auf Soft skills baut. In der Realität seien vielmehr "harte" Führungseigenschaften gefragt, und im Zweifelsfall werde eben eher der männliche Mitarbeiter in ein Seminar über weichen Führungsstil geschickt anstatt eine Frau angestellt, die über die verlangten Fähigkeiten verfügt, so die Gleichbehandlungsexpertin.
Männer dominierte Kultur am Arbeitsplatz
Im beruflichen Alltag reicht es für Frauen meist nicht, über soziale Kompetenzen und fachliche Kenntnisse zu verfügen. "Frauen, die sich in ihrem Beruf in einem Minderheitenstatus befinden sind geradezu gezwungen, sich den männlichen Mustern anzupassen", betont Mikoletzky. Eine Studie des Unternehmensberaters Accenture schlägt in die gleiche Kerbe: In Deutschland, Österreich und der Schweiz hat die Beraterfirma im Jänner 2002 Frauen in Führungspositionen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Thema Frauen und Macht befragt. Fazit der Erhebung: Die weiblichen Chefs scheinen tatsächlich eher auf "männliche Eigenschaften" als auf "weibliche" Stärken zu setzen. Frauen in Führungspositionen verdanken ihren Erfolg aus eigener Sicht demnach neben ihren unternehmerischen Kenntnissen vor allem ihrer Entschluss- und Durchsetzungskraft. Soft skills wie Teamgeist, diplomatische Fähigkeiten und Einfühlungsvermögen sind auf der Skala der Erfolgs-Eigenschaften weit abgeschlagen. Zwar wurde in der Studie die männerdominierte Kultur am Arbeitsplatz von mehr als einem Fünftel der Befragten als das größte Karrierehindernis bezeichnet, der Einsatz der "männlichen" Führungsattribute wird von den Frauen aber gleichzeitig als unumgänglich angesehen.
Selbstbewusstes Auftreten ist unabdingbar
Die Studie zeigt eine bezeichnende Gegensetzlichkeit auf: Befragt nach den wichtigsten beruflichen Motivationsfaktoren, nennen Frauen Ziele wie einer "interessanten und anregenden" Arbeit nachzugehen oder "etwas Sinnvolles" zu tun. Beim erfolgreichen Erklimmen der Karriereleiter erscheinen diese Faktoren den Befragten allerdings eher nebensächlich.
Durchsetzungsfähige Frauen sind also gefragt - doch gerade die österreichischen Arbeitnehmerinnen haben in punkto Selbstbewusstsein noch einiges aufzuholen, schließt Studienautorin Sonja Fink und verweist auf eine Gallup-Umfrage, wonach 58% der Österreicherinnen davon überzeugt sind, dass hierzulande nach wie vor keine Gleichberechtigung herrscht. Neben Fachkompetenz ist selbstbewusstes Auftreten das Um und Auf für Frauen in männerdominierten Berufsfeldern, weiß Johanna Fuchs-Stolitzka, Ingenieurkonsulentin für Vermessungswesen und als solche die einzige Frau mit dieser Befugnis in Wien. Man müsse sich an die männliche Art anpassen, um in der Branche als Konkurrenz gesehen zu werden, sagt die Diplomingenieurin, die seit 11 Jahren im Beruf steht und mittlerweile in leitender Position in mehreren Unternehmen tätig ist.
Problem: Vereinbarkeit von Kindern und Karriere
Unter ihren Angestellten würde sie gern den Frauenanteil, heben, derzeit sind nur 5 von 24 Mitarbeitern Frauen. Bis vor einem Jahr war rund ein Drittel ihrer Mitarbeiter weiblich. Grund für den Rückgang: viele Mitarbeiterinnen sind in Karenz. "Kinder und Ausbildung zu vereinbaren ist sehr schwierig", erzählt die dreifache Mutter aus eigener Erfahrung. Sie hat ihre Kinder noch während ihres Studiums bekommen.
Eine Problemstellung, die auch Sonja Tades aus eigener Erfahrung kennt. Die in Wien ansässige Notarin ist eine von nur 14 Frauen in ihrem Berufsstand. In Summe gibt es 456 Notariatsstellen in Österreich. Mit Sicherheit ein Grund für den geringen Frauenanteil: Bis man sich Notar nennen darf, können gut und gern 15 Jahre Ausbildung vergehen. "Viele Frauen haben auf dem Weg dahin eine Familie gegründet und deshalb nicht weiter gemacht", so Tades. Sie selbst hat zwei Töchter und ist bereits jeweils vier Wochen nach deren Geburt wieder in den Beruf eingestiegen. "Will man seine Klienten behalten, muss man als Notar jederzeit erreichbar sein und kann nicht für längere Zeit ausfallen", begründet sie.
Die Überraschung ist bei neuen KlientInnen immer wieder groß, eine attraktive Frau im Notarssessel vorzufinden. Ein Umstand, der ihr auch einen "Nebenjob" beim ORF beschert hat: Dort suchte man vor 11 Jahren einen Notar für die Protokollierung der "Millionenrad"-Show. Zunächst war geplant, den Notar gar nicht ins Bild zu bringen. Nachdem Tades bei den Sendeverantwortlichen vorstellig geworden war, wurden diese Pläne umgestoßen - einmal wöchentlich ist sie in der Show zu sehen.
Doch nicht nur im Berufsstand der Notare sind Frauen Ausnahmeerscheinungen. Für Frauen in Führungspositionen, augenscheinlich in technischen Berufen, gibt es so gut wie keine greifbaren weiblichen Vorbilder. Das zeigen Daten der TU Wien: Von insgesamt 175 Professuren werden gerade 5 von Frauen eingenommen, von 728 Assistenten sind 97 weiblich. So ist es auch wenig verwunderlich, dass im Studienjahr 1999/2000 laut Statistik des Bildungsministeriums mehr als 30.000 Männer für technische Studien inskribiert waren - gegenüber nur rund 6.900 Studentinnen.
Ohne Druck von außen, sprich Quoten, werde sich nicht viel bewegen lassen, meint Mikoletzky. Neben verbesserter Selbstvermarktung des weiblichen Könnens mangle es Frauen an funktionierenden Netzwerken. Jungen Frauen rät sie daher: Kontakte zu anderen Frauen suchen, vor allem aber hartnäckig bleiben und durchbeißen, auch wenn man in Männerdomänen mitunter einiges einstecken muss.