Vordergründig fördern Patente Innovation. Rein praktisch ist das nicht so einfach - vor allem wenn es um reine Software geht. Diese fällt unter das Urheberrecht, ebenso wie Texte, Musik oder Bilder. Das Urheberrecht verbietet bereits prinzipiell kopieren, abschreiben oder übersetzen in andere Sprachen. Das gilt auch für Software - sogar noch strenger, da hier weniger Ausnahmen als bei Texten gelten. Patente bringen daher in Bezug auf "Raubkopieren" nichts Neues oder Zusätzliches.
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Der Patentschutz verhindert hingegen das "Nachprogrammieren" und führt so zu einem Monopolschutz für eine Software-Lösung. Wettbewerb ist damit für diese Lösung nicht mehr möglich. Als Preis für den Monopolschutz muss der Patentinhaber seine Erfindung veröffentlichen und anderen zugänglich machen.
Dies passiert im Softwarebereich aber nicht, sondern das Europäische Patentamt (EPA) begnügt sich mit einer Beschreibung der Lösung ("was wird gelöst", mit anderen Worten: das Problem) und verlangt keine detaillierte Beschreibung des Lösungswegs in Form von in der Software-Entwicklung üblichen Design-Dokumentationen und Source-Codes. Als Softwareentwickler kann ich aber erst daraus etwas lernen - und nicht aus einer Problembeschreibung. Kurz: Es wird nicht eine Lösung patentiert, sondern alle Lösungen für ein Problem.
In der besagten EU-Richtlinie ging es um die Patentierbarkeit reiner Software und nicht um Maschinen und/oder Geräte, die auch Software zur Steuerung verwenden - tatsächlich ist das bei sehr vielen Maschinen schon der Fall.
Im europäischen Patent-Übereinkommen (EPÜ) sind Patente auf "Software als solche" ausgeschlossen (§52(c)). Trotzdem hat das europäische Patentamt in den letzten Jahren etwa 45.000 Patente auf "Software als solche" erteilt. Die Argumentation basiert hierbei auf kreativen Interpretationen und nicht näher definierten Formulierungen und ist zweifelsohne nicht im Sinne des EPÜ. Diese irregulären Software-Patente wären durch die EU-Softwarerichtlinie durchsetzbar geworden. Folglich wäre es zu einer Abmahnwelle gekommen, wie man sie seit Monaten in den USA beobachten kann.
Software-Patente betreffen auch nicht nur IT-Firmen, sondern potentiell jeden. Viele bereits erteilte, wenn auch irreguläre, Software-Patente basieren auf der Kombination von Standardwerkzeugen (z.B. eine Datenbank und ein Webinterface ergeben einen patentierten Webshop). Wenn der Greißler ums Eck einen Webshop einkauft, verletzt er das entsprechende Patent - und nicht der Verkäufer. Natürlich kann sich der Greißler im Falle einer Klage über die Haftung an seinem Lieferanten schadlos halten und damit seinen Schaden "weitergeben". Dies setzt jedoch voraus, dass man Zeit und Geld hat, solche Prozesse zu führen. Das mag für Konzerne zutreffen, aber wohl nur für die wenigsten Klein- und Mittelbetriebe.
Es gibt auch keine Versicherungen gegen Patentverletzungen. Welche Alternativen hat der Kaufmann dann? Soll er das Risiko einkalkulieren, was die Preise signifikant treiben würde, da nicht einmal Versicherungen das Risiko abschätzen wollen? Oder soll er gleich zusperren?
Er kann auch selbst Patente anmelden und so Patentverwerter werden. Dafür würden aber so viele Ressourcen drauf gehen, dass es mit der Softwareentwicklung als solcher vorbei wäre. Das wäre mittelfristig auch der Innovation nicht zuträglich. Und auf Dauer werden wir wohl alle nicht vom gegenseitigen Verklagen leben können.
DI Bernd Petrovitsch ist Softwarentwickler. Er bezieht sich hier auf "Andreas Unterbergers nicht ganz unpolitisches Tagebuch" vom 7. 7. 2005 .